Noch immer machen fünfzig Prozent der Frauen eine Lehre als Bürokauffrau, Einzelhandelskauffrau oder Friseurin.

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Bessere Bezahlung, weniger Risiko, einmal arbeitslos zu sein, gute Jobchancen und Perspektiven: Das wären gute Gründe für Frauen, einen technischen, nichttraditionellen Beruf zu erlernen. Bei der ersten österreichischen Frauenmesse am 12. Oktober sollte Mädchen und Frauen diese Entscheidung schmackhaft gemacht werden. Das Interesse war groß – 1.100 vorwiegend weibliche Besucherinnen konnte der Veranstalter Mentor zählen.

Über 30 Aussteller stellten sich hier vor, wie die ÖBB, Wiener Linien, Austrian Airlines oder Spar. Unter ihnen befindet sich auch der Tischlereibetrieb von Christian Zendron. Er kooperiert mit dem FiT-Programm, das Frauen hilft, in technischen Berufen Fuß zu fassen. Bisher hatte er zwei weibliche Lehrlinge. Bei der Ausbildung konnte er Folgendes beobachten: "Der Unterschied ist, dass Frauen genauer Arbeiten und mehr Interesse da ist", erklärt Zendron. Sein ehemaliges Lehrmädchen hatte vorher Physik studiert und sich dann doch dazu entschlossen, eine Lehre zu machen.

Geschlechterstereotype als Bremse

Doch der große Ansturm in die noch männerdominierten Branchen hat sich bisher nicht eingestellt. Im Lehrberuf Elektrotechnik absolvieren beispielsweise im Jahr 2016 von insgesamt 8.825 Lehrlingen lediglich 350 Frauen diese Ausbildung. Über fünfzig Prozent der Frauen machen eine Lehre als Einzelhandelskauffrau, Bürokauffrau und Friseurin. Woran hakt es?

Bei der Messe hört man viele Antworten: Die Wiener Frauenstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) macht Geschlechterstereotype und festgefahrene Rollenbilder verantwortlich. Dabei gebe es große Unterschiede in der Höhe der Lehrlingsentschädigung, die Lehrjahre in einem technischen Beruf würden um einiges besser bezahlt. Besseres Gehalt für Frauen würde es aber nicht geben, "solange Frauen in Teilzeit, unbezahlte und nichttechnische Berufe gehen".

Für die Wiener Stadträtin Tanja Wehsely (SPÖ) liegen die Probleme auch in der Geschichte des Landes und seiner Politik, die von Konservatismus durchzogen sei. Das fange aber bereits in der Familie an. Daher ihr Appell an alle Frauen: "Suchts euch keinen Mann, der eine Haushaltshilfe braucht!" Und: "Wir wollen halbe-halbe!"

Fußball für alle

Ein Aussteller der Messe ist eine Mädchenfußballmannschaft des Sozialprojekts "Goals for my future" – hier können Jugendliche, die sich in keiner Ausbildung befinden, neben dem Sport auch Betreuung von Sozialarbeitern in Anspruch nehmen. Das Bewusstsein, ihren männlichen Kollegen in nichts nachzustehen, hat sich hier schon gefestigt: "Wir spielen in der Schule auch Fußball, das ist ja heute nicht mehr so", sagt eine der Fußballerinnen. Ihre Berufswünsche – Anwältin oder Schauspielerin – haben jedoch mit Technik nichts zu tun. Im Gegensatz zur 16-jährigen Maria, die sich für Informationstechnologie interessiert. Allerdings macht sie derzeit eine Lehre zur Bürokauffrau, "aber vielleicht kann ich nach der Ausbildung noch einen technischen Beruf erlernen", sagt sie.

Gute Chancen au fdem Arbeitsmarkt

Dass die Chancen für Frauen in technischen Berufen auf dem Arbeitsmarkt besonders gut sind, weiß Ulrike Papouschek, Wissenschafterin bei Forba (Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt). Selbst für Frauen über 45 Jahren gebe es hier gute Aussichten, eine Arbeit zu finden. Jedoch würden laut Lehrlingsstatistik der Wirtschaftskammer Österreichs über 50 Prozent der Frauen die traditionellen Berufe Einzelhandelskauffrau, Bürokauffrau und Friseurin ergreifen. Bei den Burschen ist das Verhalten allerdings gleich, diese würden sich auch überwiegend für "Männerberufe" wie Metall- oder Elektrotechniker entscheiden.

Überlegungen zu Quoten in HTL

Die Diskussion über Quoten ist bei diesem Thema immanent. Stadträtin Wehsely könnte sich Frauenquoten von einem Drittel in den Höheren Technischen Lehranstalten (HTL) vorstellen, um Bewegung in die Sache zu bringen. Um diesen Zustand zu verändern, brauche es daher eine "Steuerung der Politik und eine gute Berufsorientierung an den Schulen". (Alexandra Unsinn, 23.10.2017)