Karlsruhe – Der Terrorismus bindet die Kapazitäten der deutschen Justiz immer stärker. Wie die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf Informationen aus der Behörde berichtete, leitete die deutsche Bundesanwaltschaft in diesem Jahr mehr als 900 Terrorismus-Verfahren ein, darunter mehr als 800 mit Bezug zu radikalen Islamisten. Das sind deutlich mehr als in den Vorjahren.

Nach Angaben von Generalbundesanwalt Peter Frank aus dem Sommer hatte es 2016 knapp 240 neue Verfahren gegeben, davon rund 85 Prozent im Bereich Islamismus; 2013 waren es nur knapp 70.

Massiver Anstieg

Eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe sagte am Sonntag zu dem Bericht, die Zahlen seien zutreffend. Die Bundesanwaltschaft weist seit längerem darauf hin, dass ihre Abteilung Terrorismus, die auch für Links- und Rechtsextremismus zuständig ist, einen massiven Anstieg der Verfahren verzeichnet. Dabei geht es allerdings bei weitem nicht immer um Anschlagspläne in Deutschland. So können etwa auch Syrer, die in ihrer Heimat für den Islamischen Staat (IS) gekämpft haben, wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung belangt werden.

Die Bundesanwaltschaft war Ende April für 2017 von insgesamt 500 bis 600 Terrorverfahren in der eigenen Behörde ausgegangen. Mitte August rechnete Frank mit 800 bis 900 neuen Ermittlungsverfahren in diesem Jahr. Diese Zahl wurde dem Zeitungsbericht zufolge bereits jetzt erreicht. Die Bundesanwaltschaft beim Bundesgerichtshof verfolgt Straftaten gegen die innere und äußere Sicherheit, also etwa Landesverrat oder Terrorismus.

Komplexe Sicherheitslage

Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen hatte zu Monatsbeginn darauf hingewiesen, dass die Sicherheitslage heute wesentlich komplexer sei als bei der Terrorserie vor 40 Jahren im sogenannten Deutschen Herbst. Derzeit gebe es in Deutschland 10.300 Salafisten sowie mehr als 1.800 Personen im islamistisch-terroristischen Spektrum. Darüber hinaus sei ein Anstieg beim gewaltbereiten Rechts- und Linksextremismus zu beobachten sowie eine wachsende Bedrohung durch Cyberangriffe. "Wäre ich Geschäftsmann, könnte ich sagen: In all unseren Geschäftsfeldern boomt es", sagte Maaßen bei einer Anhörung im Bundestag. "Leider ist dies keine positive Nachricht."

Wie das Bundeskriminalamt (BKA) mitteilte, wurden zuletzt im Bereich islamistischer Terrorismus rund 700 Personen als Gefährder eingestuft – also Menschen, denen jederzeit ein Anschlag zugetraut wird. Nach früheren Angaben hielt sich von diesen etwa die Hälfte in Deutschland auf. Im Bereich Politisch motivierte Kriminalität links stuften die Behörden dem BKA zufolge vier Personen als Gefährder ein, im Bereich Politisch motivierte Kriminalität rechts waren es 30. (APA, 22.10.2017)