Wer jemals in Hamburg war, weiß, dass der Wiener Donaukanal genauso wenig mit einem Hafen zu tun hat wie das neue Restaurant "Spelunke" mit gleichnamigen Etablissements in der Hansestadt. Heinrich August Pierer beschreibt eine Spelunke in seinem Universallexikon von 1863 als "schmutzigen, unansehnlichen Ort". Davon kann im neuen Lokal von Moni Wlaschek und Werner Helnwein keine Rede sein. Nach mehreren Monaten Umbauphase und ein paar Eröffnungsterminverschiebungen wurde die "Hafenkneipe", wie die beiden sie nennen, letzten Freitag offiziell eröffnet.

"Die Sitzmöbel und Tische haben nicht unseren Vorstellungen entsprochen, und wir haben sie zurückgeschickt. Ebenso war es mit Gläsern, Tellern und vielen anderen Dingen", erzählt Manfred Helnwein, der die Spelunke mit konzeptionierte und das fast schon perfekt eingespielte Serviceteam gut im Griff hat. Auch wenn man nicht über die Investitionssumme spricht, wird schnell klar, dass hier alles sehr hochwertig gemacht ist. Gemütliche Sitzecken, die extra designt wurden, dunkles Holz und eine Bar in der Mitte des Lokals, in der Ex-Albertina-Barchef Marcus Philip werkt. Herzstück der Spelunke ist ein überdimensionales Graffiti-Foto-Beton-Gemälde, das – ebenso wie das Corporate Design – von Akira Sakurai erdacht wurde.

Essen und Feiern

Sobald es dunkel wird, verwandelt sich die riesige Wand – dank Video-Projektionen – in ein kunterbuntes Bewegtbild. Dann wird das Licht gedimmt, die Musik lauter, und man vergisst, dass man eigentlich in einem Restaurant sitzt. Es soll alles lockerer und ungezwungener sein als im ebenfalls von Wlaschek und Helnwein betriebenen "Klee am Hanslteich".

Dass das mehr als gelungen ist, beweist das bis auf den letzten der 150 Sitzplätze ausgebuchte Lokal, das Potenzial hat, der im Moment angesagteste Treffpunkt für Gutesser und Hiptrinker zu werden. Im Service und in der Küche sieht man einige bekannte "Klee"-Gesichter. Küchenchef Alexander Pochlatko kocht moderne Crossover-Küche, die Spaß macht.

Foto: Alex Stranig

Tuna Tataki zum Beispiel ist eine herzerwärmende Alternative zu dem eh schon überall angebotenen Ceviche. Für das Tataki wird frischer Thunfisch kurz angebraten und danach in Eiswasser gelegt. Das Ergebnis ist ein unfassbar zarter Fisch, der dank Melanzanicreme und Avocado im Mund zu einer würzig-frischen Symbiose verschmilzt. Keine Angst – Ceviche gibt es eh auch.

Foto: Alex Stranig

Zum Glück hat man irgendwann verstanden, dass Schwammerln hervorragende Hauptdarsteller sein können und nicht immer nur als Beiwerk zu Fleisch taugen. Hier werden sie in Form von Shiitake-Pilzen serviert. Die marinierten Melanzani sorgen für Säure, und hausgemachtes Hummus mit geräuchertem Olivenöl schmeckt auf überraschend rauchige Art köstlich.

Foto: Alex Stranig

Auf dem sprichwörtlichen Silbertablett wird der Karfiol zu Tisch gebracht. Die dazu servierten Salzkartoffeln hätte man nicht gebraucht, wenngleich es ihnen ohnehin nicht gelingt, diesem wunderbaren und auf den Punkt gegarten Gemüse die Show zu stehlen. Dank Butterbrösel und Sauce béarnaise kommt der Karfiol mit einer ordentlichen Portion Umami daher und schmeckt süchtigmachend gut.

Foto: Alex Stranig

Schweinsbraten für zwei ist in Ordnung. Krustenliebhaber und Knusperfetischisten werden hier aber vergeblich auf das laute Krachen zwischen den Zähnen warten. Zum Glück kommt es – meistens – auf die inneren Werte an. In dem Fall trifft das tatsächlich zu.

Foto: Alex Stranig

Nicht nur hübsch anzusehen ist der Steckerlfisch, der sich als Signature Dish versteht. Die kapitale Makrele wird mit Pusztasalat und einer Scheibe Schwarzbrot serviert. Keine Spur von Trockenheit, wie das bei derlei angebotenen Fischen in der Stadt oft der Fall ist. Bis auf das letzte Stück fieselt man diesen aromatischen, saftigen Fisch vom Steckerl. Man braucht nicht immer einen Hafen, um am Hafen zu sein. (Alex Stranig, 24.10.2017)

Foto: Alex Stranig

Spelunke
Taborstraße 1
1020 Wien
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