Alexander Zverev: "Ich bin kein Roger Federer oder Rafa Nadal."

Foto: APA/Punz

Trotz knapp zwei Meter Körpergröße kann Zverev jeden Ball ausgraben, sei er noch so tief.

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Wien – Alexander Zverev ist nicht Andy Murray. Die Selfie-Fotos mit Fans klicken nicht im Dauerton, ein Spaziergang durch Wien kann eine unaufgeregte Angelegenheit sein. "Es erkennen mich schon ein paar mehr Leute als früher, aber ich bin auch kein Roger Federer oder Rafa Nadal, die alle zwei Minuten gestoppt werden", sagt Alexander Zverev (20).

Titelverteidiger Murray fehlt in Wien verletzungsbedingt, sei's drum. Nun ist Zverev als Nummer eins der Erste Bank Open in der Stadthalle ausgeschildert, das hat er sich selbst zuzuschreiben. Der 1,98 Meter große Deutsche spielte eine fulminante Saison, gewann fünf Turniere und kletterte in der Weltrangliste in einem Jahr von Platz 24 auf fünf. In Deutschland ist die Sehnsucht groß nach neuen Helden im Tennis, "Alexander der Große" soll in die Fußstapfen von Boris Becker, Michael Stich oder Steffi Graf treten.

Nicht ob, sondern wann

Während mit Rafael Nadal, Roger Federer, Andy Murray und Novak Djokovic die fabulösen vier ihren 30. Geburtstag bereits hinter sich und nach vielen Jahren in der Weltspitze mit den Auswirkungen des körperlichen Verschleißes zu kämpfen haben, reüssiert Zverev mit jugendlichem Elan. Für Craig O'Shannessy, einen der besten Datenanalysten im Tenniszirkus, steht fest: "Es ist keine Frage, ob Alexander Zverev die Nummer eins wird. Es ist nur die Frage, wann er es wird."

Nach Zverevs erster Performance in Wien könnte man meinen, das dauert vielleicht noch ein bisserl. Mit Ach und Krach schlug er zum Auftakt den Serben Viktor Troicki. "Ich habe seit Februar nicht mehr in der Halle gespielt", sagte Zverev, dem es noch an Konstanz mangelt. Dass die Stadthalle gut gefüllt war, bezeichnete er für einen Turniermontag als "Wahnsinn". Sein nächster Gegner ist der in der Weltrangliste nur noch auf Position 74 zu findende, aber unangenehme Franzose Gilles Simon. Zverev hat alle drei bisherigen Duelle für sich entschieden, mit einem Titelgewinn in Wien könnte er Dritter in der Weltrangliste werden. Ein Major-Sieg fehlt noch zum endgültigen Durchbruch.

Großes Tennis mit 20 Jahren

Abseits des Platzes fallen große Schritte leichter, wenn man wie Zverev fast zwei Meter misst. Tennisspieler dieser Größe tun sich aber gewöhnlich schwer mit der Beinarbeit. Nicht so Zverev. Seit dem Sommer wird er vom Spanier Juan Carlos Ferrero betreut. Der ehemalige Weltklassespieler weiß, woran der Lulatsch noch arbeiten muss: "Am Volley, an der Konstanz und Platzierung der Bälle bei der Vorhand und auch am Aufschlag." Dafür, dass er erst 20 Jahre alt ist, sind das Kleinigkeiten.

"Wir haben einen Diamanten, der zum Glück einen deutschen Pass hat", sagte Deutschlands Legende Boris Becker. Das Tennisspielen liegt Alexander Zverev im Blut. Vater Alexander Michailowitsch ist ein ehemaliger sowjetischer Daviscup-Spieler und ausgebildeter Tennislehrer. Mutter Irina war ebenfalls Profi und schaffte es in der Weltrangliste bis auf Platz 22. Der zehn Jahre ältere Bruder Mischa ist aktuell die Nummer 30 im ATP-Ranking. Sogar die Oma soll sich im Tennis gut auskennen.

Mit Dominic Thiem verbindet Zverev eine gute Freundschaft. In der Wiener Stadthalle träumt man von einem Finale zwischen der Nummer eins und der Nummer zwei der Setzliste. "Das wird schwierig", sagt Zverev. "Das Turnier ist sehr gut besetzt, aber ich fühle mich sehr wohl hier." Selfies hin, Selfies her. (Florian Vetter, 24.10.2017)