Die frühere Buschenschank Krautgasser am südsteirischen Kogelberg wurde zum noblichen Wirtshaus.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Die mürben und doch saftigen Schweinsbackerln mit Bouillongemüse und Kräuterpüree.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Dass der Panoramaparkplatz des Gasthauses dicht mit Porsches, Jaguars, Bentleys und anderen Nobel-SUVs (man ist ja am Berg) verstellt ist, deutet schon darauf hin, dass die Kundschaft die Weinkarte hier eher nicht von rechts nach links zu lesen pflegt. Dabei lohnt sich auch das: Je besser, toller und teurer die Flaschen, desto moderater sind die Aufschläge der Wirtsleute. Ein simpler Welschriesling oder Muskateller aus der Gegend erscheint um fast 30 Euro geradezu abgehoben kalkuliert. Der mythische Chevalier Montrachet Grand Cru 2009 von Leflaive um 590 Euro aber wirkt nicht nur im Vergleich dazu regelrecht nachgeschmissen (wenn nicht sogar vom Wirt subventioniert). Freilich: Derlei Kleingeld muss man erst einmal flüssig haben. So ist es hier nicht anders als im richtigen Leben: Die Reichen werden geschont, die vergleichsweise Armen geschröpft.

Dabei sind die Preise für die Speisen im neuen Gasthaus des zwischen Leibnitz und Graz als Weinfreaks berüchtigten Wirtepaares Beatrix und Oliver Drennig ganz zivil. Backhendl um 10,90 Euro, aufgesetzte Henne samt Braterdäpfeln (reicht locker für drei bis vier starke Esser) um 29 – da kann man nicht raunzen. Vor allem wenn man sich die Hütte anschaut, die die beiden da dank Sponsoring von Dietrich Mateschitz an die Stelle der einstigen Buschenschank Krautgasser gestellt haben: Unwirklich schöne Aussicht über die Hügel und Weinberge der Südsteiermark, mächtiger Kamin und ebensolche Designerlampen, Fauteuils und Sessel aus geschliffenem Büffelleder sowie eine Gaststube, die komplett mit Eiche verkleidet ist.

Wieder aufgebaut

Dem Vernehmen nach war die stark baufällige Buschenschank Teil des Großbesitzes von Ex-Tennisstar Thomas Muster (aus Leibnitz gebürtig), den dieser vor ein paar Jahren an Mateschitz verkauft hat. Die vergangenen eineinhalb Jahre wurde das Gebäude erst abgerissen und danach – zumindest von den Maßen her – originalgetreu wieder aufgebaut. Ist alles sehr luftig und nur ein klein wenig protzig geworden. Dass für die Uniform der Servierdamen auf gar knappe Lederhosen-Pants zurückgegriffen wurde, wirkt etwas aus der Zeit gefallen – die Nähe zum Balkan (oder doch zum Bajuwarischen?) lässt sich mit derlei Kostümchen aber nachdrücklich akzentuieren.

Geschmacksfragen dieser Art eröffnet der Weinkeller nicht: Die Südsteiermark ist in Breite und Tiefe mit fast allem vertreten, was sie zwischen Branchengrößen wie den Polz-Brüdern und rarer Finesse wie den Rotweinen Karl Schnabels zu bieten hat. Auch Restösterreich ist von Moric bis F. X. Pichler mit Gutem und Teurem vorhanden. Aus der Bourgogne locken richtig große Weine in beeindruckender Fülle, und auch sonst müssen sich ausgefuchste Trinker keine Sorgen machen, hier nicht fündig zu werden.

Bohnentascherln

Das Essen hält wacker mit: Unvermeidliches wie Beef Tartare oder Backhendl wird dank ansprechender Fleischqualität der Beiläufigkeit des Mittelmaßes enthoben. Käferbohnen-Teigtascherln mit Paradeiserragout zeigen vor, wie sich regionale Produkte auf stimmige Art inszenieren lassen. Zander auf Selleriepüree ist tadellos glasig gebraten – dass der Neusiedler See (und erst recht die Hauptfanggebiete in der Ukraine) hier weiter weg sind als die Adria, lässt die Mär vom regionalen Fisch aber doppelt schal erscheinen.

Die mürben und doch saftigen Schweinsbackerln mit Bouillongemüse und Kräuterpüree (siehe Bild) schließlich zeigen vor, wie problemlos geradlinige Wirtshauskost mit großem Barolo kommuniziert. Und das will man durchaus einmal überprüft haben. (Severin Corti, RONDO, 27.10.2017)

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