Los Angeles – Diesen Preis vergibt die Oscar-Akademie nur selten: Der mexikanische Starregisseur Alejandro González Iñárritu (54) wird für seinen Virtual-Reality-Film "Carne y Arena" mit einem "Special Award"-Oscar ausgezeichnet. Das gab die Oscar-Akademie in Los Angeles bekannt. Der Vorstand der Academy of Motion Picture Arts and Sciences habe bei einer Sitzung für diese Ehrung für "visionäre" Erzählkunst gestimmt.

Iñárritu und sein Kameramann Emmanuel Lubezki hätten mit ihrem "stark emotionalen" Werk über Migranten "neue Türen für filmische Wahrnehmung" geöffnet, sagte Akademie-Chef John Bailey. Die Trophäe soll am 11. November im Rahmen der Governors-Awards-Gala in Los Angeles übergeben werden, wenn unter anderem auch der kanadische Schauspieler Donald Sutherland (82) und die französische Regisseurin Agnes Varda (89) einen Ehren-Oscar erhalten.

Iñárritu ("Birdman", "The Revenant – Die Rückkehrer") ist bereits vierfacher Oscarpreisträger, als Regisseur, Produzent und Drehbuchautor. Sein Landsmann Lubezki holte hintereinander drei Kamera-Oscars, für "Gravity", "Birdman" und "The Revenant".

Den Kurzfilm "Carne y Arena" (etwa: Fleisch und Sand) präsentierten sie erstmals im Mai bei den Filmfestspielen in Cannes. Er beruht auf Erfahrungen von Migranten, die den gefährlichen Weg von Mexiko in die USA geschafft haben. Die Zuschauer laufen mit einer Datenbrille barfuß durch einen mit Sand ausgelegten Raum, während sie die Schilderungen der Flüchtlinge hautnah erleben. "Carne y Arena" wird derzeit als Installation im Los Angeles County Museum of Art sowie im Tlatelolco Museum in Mexiko-Stadt gezeigt.

Zuletzt hatte die Oscar-Akademie 1996 einen "Special Award" für Pixars "Toy Story", den ersten komplett computererzeugten Spielfilm der Welt, verliehen. Seit 1973 erhielten 17 Filme diese Auszeichnung, häufig für Ton- und Spezialeffekte, darunter auch "Krieg der Sterne" (1978) und Jäger des verlorenen Schatzes (1982).

Das Rennen um den Doku-Oscar

Ebenso bekanntgegeben wurden 170 Einreichungen um den Doku-Oscar 2018. Die österreichische Filmproduktion "Ein deutsches Leben" über Brunhilde Pomsel, die von 1942 bis 1945 als Sekretärin für den NS-Propagandaminister Joseph Goebbels tätig gewesen war, ist eine davon.

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Das Regieteam aus Christian Krönes, Olaf S. Müller, Roland Schrotthofer und Florian Weigensamer interviewte die damals 103 Jahre alte Pomsel, die im heurigen Jänner verstorben ist, im Jahr 2013 – eine der letzten Zeitzeuginnen, die den NS-Führungszirkel aus nächster Nähe mitbekommen haben.

Unter den Kandidaten ist auch die Flüchtlingsdoku "Human Flow" des in Berlin lebenden Chinesen Ai Weiwei. Die deutsche Ko-Produktion des Aktivisten Ai Weiwei wurde in Flüchtlingscamps in mehr als 20 Ländern gedreht. "Noch immer eine unbequeme Wahrheit – Die Zeit läuft", Fortsetzung der 2007 mit einem Oscar ausgezeichneten Klima-Doku "Eine unbequeme Wahrheit" mit dem ehemaligen US-Vizepräsident Al Gore, geht ebenfalls ins Oscar-Rennen.

Von den 170 Kandidaten werden in einer Vorauswahl 15 Anwärter bestimmt, von denen fünf in die Endrunde kommen. Die 90. Oscar-Verleihung findet am 4. März in Hollywood statt, die Nominierungen dafür werden am 23. Jänner bekanntgegeben. (APA, 29.10.2017)