Der Vorschlag der EU-Kommission zielt auf eine tiefgreifende Veränderung der geltenden EU-Mehrwertsteuervorschriften ab.

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Wien – Die Europäische Kommission hat Anfang Oktober "die größte Reform der EU-Mehrwertsteuer-Vorschriften in einem Vierteljahrhundert" vorgeschlagen. Der Vorschlag, der 2018 von den EU-Institutionen angenommen werden und 2022 in Kraft treten soll, zielt auf eine tiefgreifende Veränderung der geltenden EU-Mehrwertsteuervorschriften ab. Die Reform wird insbesondere Auswirkungen auf österreichische Unternehmen haben, die Waren innerhalb der EU importieren und exportieren.

Die neuen Regelungen sollen insbesondere dazu dienen, den Mehrwertsteuerbetrug – der jedes Jahr über 150 Milliarden Euro beträgt – zu reduzieren. Außerdem soll die Reform gleichzeitig auch Erleichterungen für Unternehmen mit sich bringen.

Die Umsetzung soll in einem Mehrstufenplan erfolgen. Zunächst soll es Vereinfachungen für derzeit komplexe Regelungen im Zusammenhang mit Konsignationslagern und Reihengeschäften geben – allerdings nur für "zertifizierte Steuerpflichtige". Die Voraussetzungen hierfür dürften vor allem die regelmäßige Begleichung der Steuern, ein verlässliches internes Kontrollsystem sowie der Nachweis der Zahlungsfähigkeit sein. Ein Kommissionsvorschlag dazu ist noch für 2017 geplant.

Steuer des Empfängerlandes

Im zweiten Schritt soll die zentrale Änderung erfolgen: dass für den grenzüberschreitenden Handel zwischen Unternehmen in Zukunft die Mehrwertsteuer des Empfängerlandes in Rechnung zu stellen sein wird. Da diese Arten von Transaktionen derzeit von der Mehrwertsteuer befreit sind, müssen sich die österreichischen Unternehmen auf die Kosten und administrativen Implikationen einstellen, die mit der Umsetzung einer solchen einschneidenden Änderung verbunden sind.

Im Rahmen des Kommissionsvorschlags soll es Unternehmen künftig möglich sein, eine zentrale Anlaufstelle zu nutzen, um die grenzüberschreitende Mehrwertsteuer abzuführen und zu bezahlen. Bei Lieferungen ins EU-Ausland soll deshalb eine Meldung über eine einheitliche Plattform der jeweiligen inländischen Steuerbehörde erfolgen, wie dies derzeit schon bei elektronischen Dienstleistungen erfolgt (MOSS) – in Österreich also über das Finanz-Online-Portal.

"Verlässlicher Steuerzahler"

Eine Lieferung ohne Umsatzsteuer soll weiterhin möglich sein, wenn es sich beim Empfänger um einen zertifizierten "verlässlichen Steuerzahler" handelt. Ein konkreter Vorschlag für diesen zweiten Schritt soll 2018 unterbreitet werden. In weiterer Folge ist eine entsprechende Anpassung auch für sonstige Leistungen (z. B. Dienstleistungen) geplant.

Auch hier stellt sich die Frage, ob die geplanten Neuregelungen tatsächlich die Verwaltung vereinfachen. Denn die Meldung der ins EU-Ausland getätigten Umsätze, auch wenn diese über das Onlinesystem der inländischen Finanzbehörden erfolgen kann, oder die Abfrage, ob es sich beim Kunden um einen registrierten zertifizierten Steuerpflichtigen handelt, wird für die Unternehmer ein Aufwand sein.

Wie groß dieser tatsächlich ist, hängt von den zukünftigen Regelungen ab. Es bleibt zu hoffen, dass die EU-Kommission den entstehenden Aufwand für Unternehmen durch Verwaltungsvereinfachungen wieder ausgleicht – und diese nicht nur am Papier bestehen bleiben.

Erleichterungen für KMUs sind jedoch in Sicht: Bis Ende 2017 plant die EU-Kommission ein umfassendes Vereinfachungspaket für KMUs, um die Verwaltungskosten im Zusammenhang mit dem Mehrwertsteuersystem zu senken. Details dazu sind allerdings noch nicht bekannt.(Gabriele Sprinzl, 30.10.2017)