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Die Zentrale der Federal Reserve in Washington. Der Präsident nominiert den neuen Fed-Chef, der Senat muss ihn bestätigen.

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Wien/Washington – Noch unbeliebter bei den US-Amerikanern ist nur das Finanzamt. Das Gallup-Institut führt regelmäßig Umfragen darüber durch, welchen staatlichen Organisationen die Menschen vertrauen.

Die US-Notenbank Federal Reserve belegt dabei meist den vorletzten Platz. Einzig die Steuerbehörde IRS schaffte es, noch mehr gehasst zu werden. Eine starker Staat und viel Finanzmacht: Die Fed vereine alles, was Amerikaner verabscheuten, schrieb einmal der US-Ökonom Barry Eichengreen.

Dabei sind er und die meisten seiner Kollegen davon überzeugt, dass erst die Entschlossenheit der Fed nach dem Ausbruch der Finanzkrise 2008 die USA und damit auch den Rest der Welt vor einem noch tieferen Absturz bewahrt hat.

Als die Rezession ausbrach, senkte die Fed nicht nur ihren Leitzins radikal. Sie begann Monat für Monat hunderte Milliarden Dollar in die Finanzmärkte zu pumpen. Sie stützte damit die Banken und senkte die langfristigen Zinsen. Damit sollte die Wirtschaft belebt werden.

Bilanz vervierfacht

Die Bilanz der Fed hat sich vervierfacht. Wertpapiere wie etwa Staatsanleihen im Wert von 4,5 Billionen US-Dollar befinden sich heute im Portfolio der Zentralbank. Dieser unglaubliche Schatz, über den die Fed verfügt, macht die Frage umso interessanter, wer die wichtigste Notenbank der Welt künftig führen wird.

Die Amtszeit von Fed-Chefin Janet Yellen endet im Februar 2018. US-Präsident Donald Trump hat die Nominierung ihres Nachfolgers für diese Woche angekündigt. In US-Medien gelten derzeit Jerome Powell und John Taylor als aussichtsreichste Kandidaten.

Zwei aussichtsreiche Kandidaten im Rennen

Powell würde Kontinuität symbolisieren, Taylor könnte eine Abkehr von der bisherigen Politik bedeuten. Für möglich halten Experten auch, dass Trump einen dritten Namen aus dem Hut zaubert.

Powell, ein ehemaliger New Yorker Investmentbanker, gehört schon seit 2012 dem höchsten Entscheidungsgremium der Fed, dem Gouverneursrat, an. Er war unter Präsident George H. W. Bush im Finanzministerium tätig.

Powell hat innerhalb der Fed die lockere Geldpolitik der vergangenen Jahre mitgetragen. Er gilt daher als eine Art "republikanischer Yellen". Soll heißen: Von ihm wird erwartet, dass er die bisherigen Fed-Strategie fortführt. Das "Wall Street Journal" meldete am Mittwoch, er sei bereits von seiner Bestellung informiert worden.

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Ausichtsreichster Kandidat: Ex-Investmentbanker Jerome Powell.
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Diese sieht einen langsamen Austieg aus der lockeren Geldpolitik vor. Ihren Bestand an Wertpapieren will die Fed abbauen, indem sie Einnahmen aus Anleihen, die getilgt werden, nicht mehr re-investiert. Wertpapiere verkaufen will die Fed nicht.

Damit würde ihre Bilanz nur schrittweise schrumpfen. Der Grund dafür ist simpel. Die US-Wirtschaft wächst zwar kräftig. Wie in den meisten anderen Industriestaaten ist die Kerninflation in den USA, bei der Energie- und Lebensmittelpreise ausgeklammert werden, unter dem Zielwert von zwei Prozent. Um die Inflation anzufachen und um den Aufschwung nicht zu gefährden, erfolgt der Exit aus der lockeren Geldpolitik langsam.

Ob John Taylor, der andere Nachfolgekandidat für Yellen, diese Strategie fortsetzt, ist fraglich. Taylor gilt als geldpolitischer Falke. Der Professor von der Stanford University soll Trump bei einem Dinner imponiert haben. Taylor ist Schöpfer einer nach ihm benannten ökonomischen Regel.

Zinskorrektur mit Taylor

Diese gibt vor, wie Notenbanker den angeblich richtigen Leitzins unter Beachtung der Inflation und der Auslastung der Wirtschaft berechnen können. Ein Automatismus. Würde die Taylor-Regel befolgt werden, wie er in der Vergangenheit gefordert hatte, müsste der US-Leitzins nicht wie derzeit bei 1,15 Prozent liegen. Er wäre bereits bei rund drei Prozent.

Ebenfalls mit Chancen, für die Fed-Spitze nominiert zu werden: John Taylor.

Taylor hat auch die Anleihenkaufprogramme als nutzlos kritisiert. Zuletzt kamen aber von ihm moderatere Töne: Notenbanker sollten sich nicht apodiktisch an seine Taylor-Rule halten.

Trump wird nachgesagt, eher Powell zu bevorzugen. Die lockere Geldpolitik der Fed hat den Höhenflug der US-Börsen gestützt. Genau diesen Höhenflug reklamiert Trump immer wieder als eine der zentralen Errungenschaften seiner Präsidentschaft für sich, obwohl die wirtschaftliche Erholung bereits vor seiner Amtsübernahme eingesetzt hat.

Mehrere Führungsposten bald vakant

Das Gerücht in Washington lautet, dass Trump Powell an die Spitze der Fed beruft und Taylor als ein Korrektiv zu seinem Stellvertreter macht, sagt der Ökonom Barry Eichengreen. Dieser Posten ist derzeit schon vakant. In den kommenden Monaten müssen eine Reihe weitere Führungspositionen neu besetzt werden. Trump könnte der Fed also einen nachhaltigen Stempel aufdrücken.

Unter Republikanern gibt es gegen beide auch Widerstände, weil sie als nicht lax genug bei Regulierungsfragen gelten. Ein Teil der Partei will die Verschärfung der Bankenregeln aus den vergangenen Jahren zurücknehmen. Der Senat muss den von Trump nominierten Kandidaten bestätigen. (András Szigetvari, 31.10.2017)