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Österreich muss seinen CO2-Ausstoß aus juristisch-verbindlichen Gründen ohnehin reduzieren, mahnen Experten.

Foto: dapd / Jens Schlueter

Wien – Mit dem Appell, quer durch alle Ressorts Maßnahmen gegen den Klimawandel zu setzen, hat sich am Dienstag eine Expertenrunde an die zukünftige österreichische Bundesregierung gewandt. "Die Auswirkungen sind schon heute gravierend", sagte Risikoforscher Reinhard Mechler bei einem Medientermin anlässlich der kommenden Klimakonferenz in Bonn nächste Woche. Phänomene wie Felsstürze würden dies zeigen.

In Österreich würden die Folgekosten durch Unwetter und dergleichen bereits jetzt rund eine Milliarde Euro pro Jahr betragen, erläuterte Mechler, der am Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) forscht, bei dem vom Climate Change Centre Austria (CCCA) veranstalteten Termin. Bereits bis zum Jahr 2030 könnten die durch den Klimawandel verursachten Schäden dann bei zwei bis drei Milliarden liegen – und das bei einer vorsichtigen, konservativen Schätzung, so der Ökonom und CCCA-Vorstandsmitglied.

Jürgen Schneider, Klima-Experte im Umweltbundesamt, erinnerte daran, dass Österreich als EU-Mitglied ohnehin eine juristisch verbindliche Pflicht hat, seine Treibhausgase zu vermindern. Österreich muss demnach im Nicht-Emissionshandelsbereich, also beispielsweise im Straßenverkehr, seinen CO2-Ausstoß von 2021 bis 2030 um 36 Prozent gegenüber 2005 zu reduzieren. Zudem habe man sich durch die Ratifizierung des Pariser Abkommens auch zu einem weitgehenden Verzicht auf fossile Energie bis Mitte des Jahrhunderts bekannt.

Strategie gefragt

Eine "mittel- und langfristige Strategie" für diesen Verzicht bis 2050, auch Dekarbonisierung genannt, wünschte sich die oberösterreichische Biologin und frühere Sekretärin des UNO-Weltklimarats IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) Renate Christ von der kommenden Regierung.

Schneider empfahl dazu eine aufkommensneutrale ökosoziale Steuerreform in die Wege zu leiten, versehen mit einer "sich schrittweise steigernden CO2-Steuer". Was das Thema CO2 betrifft, so erinnerte Gerhard Wotawa, Meteorologe an der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) und CCCA-Obmann, an das gestern von der Weltwetterorganisation (WMO) publizierte Treibhausgas-Bulletin mit dem Rekordwert an CO2-Konzentration in der Atmosphäre. "Eine derartige Konzentration gab es zuletzt von 3,5 Millionen Jahren, und da war es rund drei Grad wärmer als jetzt". In der nahen Zukunft werde die Klimaflucht ein Thema werden, prophezeite Wotawa. "In 30 bis 40 Jahren wird es die Frage sein, wo man im südlichen Teil der Erde noch leben kann – und der Süden beginnt im Mittelmeerraum".

Und nicht zuletzt sei "Klimastress" auch in der Vergangenheit Ursache für Revolutionen oder politische Umstürze gewesen, so der Experte. Diese, wenn sie sich zukünftig etwa im Nahen Osten abspielen, würden dann infolge der daraus resultierenden Fluchtbewegungen auch für Europa relevant werden. (APA, 31.10.2017)