Was der Liste Kurz bisher noch an eindeutiger Ideologie mangelt, ist die Bewegung Strache gern zu ergänzen bereit, und wenn sie sich dafür auf ein Goldkörnchen stützen muss.

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Jetzt hat das freiheitliche Magazin "Zur Zeit" endlich mit der katholischen Kirche gleichgezogen und sich den Logos spermatikos zugebilligt. Zeit war's. Denn die Kirche der Antike billigt seit dem Märtyrer Justin selbst den ihr feindlich gesinnten Heiden einen logos spermatikos zu, sozusagen ein Goldkörnchen Wahrheit. Da will die FPÖ hinter der katholischen Kirche nicht zurückstehen, was im konkreten Fall heißen soll: Auch politische Mitbewerber bringen – freilich eher als Ausnahme – gute Kräfte ins Parlament.

Im konkreten Fall dieser Ausnahme kommt der Logos spermatikos ein wenig unlogisch daher, ist es doch bei der aufschäumenden Leidenschaft zwischen Strache und Kurz kaum zulässig, den politischen Mitwerber ÖVP mit einem feindlich gesinnten Heiden zu vergleichen, erst recht nicht, wenn das Goldkörnchen auf den Namen Gudrun Kugler hört. Die streitbare christliche Aktivistin sitzt als neue Abgeordnete der weitgehend ideologiefreien Kurz-Bewegung im Nationalrat. Was der Liste Kurz bisher noch an eindeutiger Ideologie mangelt, ist die Bewegung Strache gern zu ergänzen bereit, und wenn sie sich dafür auf besagtes Goldkörnchen stützen muss.

Keimende Beitragszahler

Denn Kugler hat klare Standpunkte, und zwar die der FPÖ. Sie tritt für das Leben ein, für die Familie in der herkömmlichen Form, was gleichzeitig die entschiedene Ablehnung der Tötung keimenden Lebens bedingt, aber auch die Zurückweisung jedes Gedankens an Sterbehilfe. Der wichtigste Gedanke dabei ist die Zurückweisung von Migranten. Bei einer Zurückdrängung der Abtreibung würde auch das Argument wegfallen, Österreich brauche Zuzug aus dem Ausland, um das Sozialsystem aufrechtzuerhalten. Weil dann genug junge einheimische Beitragszahler vorhanden sind, die im Sinne des Generationenvertrages die Pensionslast schultern.

Die Lösung des Flüchtlings- und des Pensionsproblems in einem Aufwaschen per Toleranz für keimende Beitragszahler ist ein genialer Zug im besten Sinne freiheitlicher Sozialpolitik. Mehr als das. Was die Verpartnerung von Personen desselben Geschlechts anlangt, so fordert Kugler, Standesbeamte sollten sich aus Gewissensgründen – um ihrem christlichen Glauben treu zu bleiben – weigern dürfen, ein derartiges Duo zu verpartnern. Nur logisch, zumal auch ein Arzt nicht gegen sein Gewissen zur Tötung der Leibesfrucht verhalten werden darf. Schließlich ist klar: Solange sich christliche Straßenbahnfahrer nicht weigern dürfen, Muslime trotz eines gültigen Fahrausweises zu befördern – und sei es nur um ihrem Glauben treu zu bleiben –, ist das christliche Abendland in Gefahr. Aber die nächste Gemeinderatswahl kommt bestimmt.

Katholikin sucht Heiden zwecks scharfer Bekehrung

Nun wäre das Produkt des Logos spermatikos namens Gudrun Kugler auch als Abgeordnete zum Nationalrat kaum einer Erwähnung wert, verrieten ihr Einzug dortselbst und die Begeisterung der Freiheitlichen für diese Verstärkung nicht, dass Österreichs Weg zurück ins Mittelalter nicht zuletzt dank der weitgehend ideologiefreien Kurz-Bewegung eröffnet ist. Engen Kontakt hält sie zum inzwischen emeritierten, aber sicher nicht ideologiefreien Salzburger Weihbischof Andreas Laun, mit dem sie 2005 die erste römisch-katholische Heiratsplattform ins Leben rief. Betriebsmotto: Strenge Katholikin sucht Heiden zwecks scharfer Bekehrung.

Es war vom "Falter" nicht gerecht, Christian Kern zum Dolm der Woche zu ernennen, vor allem nicht aus dem angegebenem Grund: Diese Poller. Jetzt rund um den Nationalfeiertag wird sichtbar, was dieser Pfusch des Kanzleramts und der Kotau vor der "Krone" angerichtet haben. Wie in einer Provinzfußgängerzone in einer osteuropäischen Vorstadt stehen da jetzt diese mit Aluminium verzierten Edelpoller und beleidigen den historischen Ballhausplatz.

Jetzt im Nachhinein ist es billig, sich diesen Ästhetizismus auf Kerns Kosten zu erlauben. Stand doch schon lange vor dem Pfusch der Slogan "Von der "Krone" lernen, heißt siegen lernen" unangezweifelt als Maxime sozialdemokratischen Regierens fest. Und er hat sich in der Folge ebenso triumphal bestätigt, wie er jahrelang unhinterfragt blieb. Statt in Ruhe an einer ästhetischen Lösung zu arbeiten, regierte der Geschmack der Innenministerialbürokratie, übt sich der "Falter" nun in guten Ratschlägen. Ruhe hätte Kern jetzt, aber wer gäbe noch etwas auf seine ästhetischen Lösungen? Andererseits, man versteht es. Hätte man Sobotka dreimal hintereinander zum Dolm erklären sollen? (Günter Traxler, 5.11.2017)