An der Sitzordnung in der ersten Reihe ist Victor D'Hondt schuld. Oder anders betrachtet: Die begehrte erste Reihe im Parlament ist dank des belgischen Juristen mathematisch eindeutig zu besetzen. Also kein Streitpotenzial. Die vordersten Sitze werden nämlich nach jenem Zuweisungsverfahren ermittelt, das nach einer Wahl auch bei der Umrechnung der Wählerstimmen in Abgeordnetenmandate angewendet wird. Das heißt also, stärkemäßig gereiht: ÖVP (6), SPÖ (5) und FPÖ (4) können Abgesandte schön sichtbar im Hohen Haus platzieren.

Aber dann wird's kompliziert, weil auch im Parlament gilt, was in Businesskonferenzen, bei Geldadeldinners oder sonstigen Societyevents mit Distinktionsgewinn gilt: Sag mir, wo du sitzt, und ich sage dir, wer du bist.

Bei der Sitzordnung der 183 künftigen Nationalratsabgeordneten geht es natürlich auch um Machtblockdemonstrationen (ÖVP und SPÖ verteidigten ihre, zumindest räumliche, Rechts- und Links-außen-Position), um individuelle Eitelkeiten und "Claim"-Psychologie. Mitunter aber auch um praktische Gründe. Daher ist es durchaus verständlich, dass die Liste Pilz nicht wahnsinnig glücklich ist, dass ihr Klubchef eingeklemmt, also ohne Randplatz, arbeiten sollte. Dank "Nachbar" Neos sollte sich dieses Problem lösen lassen. Aber generell ist das Parlament eigentlich ein Ort, an dem andere Regeln gelten sollten: Man ist nicht, wo man sitzt. Beweismöglichkeit: jede Nationalratssitzung. (Lisa Nimmervoll, 3.11.2017)