London – Der Skandal um sexuelle Übergriffe im britischen Parlament weitet sich aus. Die Konservativen schlossen ihren Abgeordneten für Dover, Charlie Elphicke, wegen "schwerer Vorwürfe" vorläufig aus ihrer Partei aus. Der Fall beschäftigt britischen Medien zufolge auch die Polizei. Unklar war am Samstag allerdings noch, was dem Politiker genau vorgeworfen wird.

Elphicke setzte sich per Kurznachrichtendienst Twitter noch am Freitagabend zur Wehr. "Die Partei hat die Presse informiert, bevor mir mein vorübergehender Ausschluss mitgeteilt wurde. Ich weiß nicht, was die angeblichen Vorwürfe beinhalten und streite jegliches Fehlverhalten ab", schrieb der Parlamentarier.

Anschuldigungen nicht Fakt

Sein Parteikollege Roger Gale warnte am Samstag in einem BBC-Interview vor vorschnellen Verurteilungen und einer "Hexenjagd". Anschuldigungen dürften nicht als Fakt dargestellt, kritisierte der 74-Jährige, der seit mehr als 30 Jahren im Unterhaus sitzt. "Das ist keine Hexenjagd, sondern das ist lange überfällig", kritisierte Harriet Harman, Abgeordnete der oppositionellen Labour-Partei.

Premierministerin Theresa May stellte am Freitagabend einen überarbeiteten Verhaltenskodex für konservative Politiker vor. Unter anderem soll eine Beschwerde-Hotline Opfern von sexuellen Übergriffen eine Anlaufstelle bieten. In einem Brief an Parlamentssprecher John Bercow forderte May zugleich parteiübergreifende Mechanismen, um Belästigungsvorwürfen nachzugehen. An diesem Montag will sie mit den Vorsitzenden der anderen Parteien über Konsequenzen beraten.

Fehlverhalten eingeräumt

Der Skandal um sexuelle Belästigungen hatte in der vergangenen Woche zum Rücktritt von Verteidigungsminister Michael Fallon geführt. Er räumte Fehlverhalten gegenüber einer Journalistin ein. Fast täglich werden neue Vorwürfe gegen Politiker bekannt.

In Großbritannien wird damit gerechnet, dass noch weitere Parlamentarier ihren Posten aufgeben müssen. In der konservativen Fraktion des Unterhauses soll eine Liste mit etwa 40 Abgeordneten zirkulieren, denen "unangemessenes Verhalten" vorgeworfen wird. Dazu gehört Berichten zufolge auch Mays Kabinettschef Damian Green, der einer Journalistin in einem Pub ans Knie gefasst und ihr später eine anzügliche Nachricht geschickt haben soll. Green streitet das ab.

Ausgelöst wurden die Veröffentlichungen in Großbritannien durch den Skandal um den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein in den USA. Ihm werfen Dutzende Frauen in mehreren Ländern sexuelle Übergriffe vor. (APA, 4.11.2017)