Horst Seehofer mit Markus Söder im Februar 2014.

Foto: APA/dpa/Ebener

Erlangen – Der Jugendverband der CSU hat zum Aufstand gegen Parteichef Horst Seehofer geblasen und dessen Rivalen Markus Söder zum Wunschnachfolger des bayerischen Ministerpräsidenten ausgerufen. Söder begeisterte Bayerns Junge Union (JU) auf ihrer Landesversammlung in Erlangen am Sonntag mit einer Rede, die von vielen Zuhörern als Bewerbung um den Posten des Regierungschefs gewertet wurde.

Den Amtsinhaber Seehofer, der zum Ärger vieler Teilnehmer nicht kam, forderte die JU als erster großer Parteiverband offen zum Rückzug auf. Seehofer begründete seine Absage mit den Sondierungen über eine neue Regierung in Berlin und äußerte Unverständnis über die Kritik

Profil schärfen

Bayerns Finanzminister Söder forderte in seiner Rede, die CSU müsse ihr Profil schärfen, um nach dem Debakel bei der deutschen Bundestagswahl Wähler zurückzugewinnen. Seit die CSU bei der deutschen Bundestagswahl mit 38,8 Prozent der Stimmen ihr schwächstes Ergebnis seit fast 60 Jahren einfuhr, bangt die Partei um ihre absolute Mehrheit im bayerischen Landtag bei der Wahl im Herbst 2018. "Wir hatten keinen Verlust an Ideen, wir hatten ein Stück Verlust an Glaubwürdigkeit", rief Söder. "Wir müssen als Union nicht rechter werden, sondern ehrlicherweise glaubwürdiger." Unter dem Applaus der rund 300 Delegierten bekräftigte Söder Forderungen der CSU nach einer Begrenzung der Zuwanderung sowie einer Stärkung von Polizei und Wirtschaft.

Söder lobte, die JU habe auf ihrer Versammlung Mut und Rückgrat bewiesen. Er selbst vermied offene Kritik an Seehofer, sagte aber: "Ich bin mir nicht sicher, ob alle den Ernst der Lage wirklich erkannt haben." Seehofer hatte in der "Bild am Sonntag" mit Unverständnis auf die innerparteiliche Kritik an seiner Person nach dem Wahldebakel reagiert. Er hat seinen ehrgeizigen Minister stets auf Abstand gehalten und deutlich gemacht, dass er Söder nicht als geeigneten Nachfolger ansieht. Bisher hält Seehofer an beiden Posten fest.

"Geordneter Übergang"

Söder bekräftigte, er reiche die Hand "für jede vernünftige Lösung". Über seine eigenen Pläne hat er sich bisher nicht offen geäußert. Auch am Sonntag schwieg er dazu. "Ich halte mich daran: Erst wird sondiert und dann soll am 18.11. geredet werden", sagte Söder. An diesem Tag wollen Landtagsfraktion und Vorstand der CSU in München über den Stand der Sondierungsgespräche für eine neue Regierung beraten. In der CSU räumen viele dem 50-jährigen Söder die größten Chancen auf das Erbe des 68-jährigen Parteichefs und bayerischen Ministerpräsidenten Seehofer ein.

Während Seehofer am Samstag in Berlin mit den Unionskollegen über die nächsten Schritte in den Sondierungen beriet, brach sich auf der JU-Versammlung in Erlangen der Unmut über den CSU-Patriarchen Bahn. "Für einen Erfolg bei der Landtagswahl im kommenden Jahr braucht es einen glaubwürdigen personellen Neuanfang", heißt es in einem mehrheitlich gefassten Beschluss der bayerischen JU. "Bei allen Verdiensten, die sich Horst Seehofer zweifellos in vielen Jahrzehnten für die CSU, Bayern und Deutschland erworben hat, muss er jetzt den Weg bahnen für einen geordneten Übergang an der Spitze der Staatsregierung." Die JU artikulierte damit den Unmut, der in der CSU bisher lediglich von Vertretern einzelner Bezirks- und Kreisverbände geäußert wurde. Dort wurde wiederholt der Wunsch nach einem "geordneten Übergang" laut.

Seehofer beklagte sich in einem Interview der "Bild am Sonntag" über das Vorgehen der jungen Basis und ihres Vorstands unter JU-Landeschef Hans Reichhart, der auch dem CSU-Vorstand angehört. "Obwohl im Parteivorstand einstimmig beschlossen wurde, dass eine Personaldiskussion während der Gespräche in Berlin nicht erfolgen soll, erlebe ich seit der deutschen Bundestagswahl ein ununterbrochenes Trommelfeuer gegen meine Person aus der eigenen Partei. Das ist ohne Frage schädlich", sagte Seehofer der Zeitung. "Nach den Sondierungsgesprächen wird es von mir eine klare und deutliche Reaktion geben", kündigte Seehofer an.

Seehofers Vertraute Joachim Herrmann und Manfred Weber warben am Samstag als Redner um Verständnis für Seehofers Absage, widersprachen aber nicht der JU-Forderung nach einem Personalwechsel. Zunächst aber müssten in den kommenden zwei Wochen die Koalitionssondierungen abgeschlossen werden, sagte Herrmann, der dort selbst der CSU-Delegation angehört. "Ich denke, dass sich der Diskussion dann auch niemand verweigern wird", sagte Herrmann, der zu Seehofers engsten Gefolgsleuten zählt. Weber erklärte, eine Durchsetzung von CSU-Positionen im deutschen Bund sei wesentlich für das Abschneiden der Partei bei der Landtagswahl im kommenden Jahr. "Die Glaubwürdigkeitsfrage wird heute in diesen Gesprächen entschieden", sagte Weber. Starken Beifall erhielten die beiden CSU-Vorstandsmitglieder für ihre Aussage, die CSU werde nur geschlossen erfolgreich sein. (APA, 6.11.2017)