Innsbruck – Peter Kaiser ist einer der vielversprechendsten heimischen Slopestyler, wie an dieser Stelle bereits erklärt. Sein Können verdankt der 20-Jährige aus dem Tiroler Bezirk Reutte nicht zuletzt dem selbstgebauten Dirtpark in einem Auwald nahe seinem Heimatdorf Breitenwang. Fünf Jahre lang übten er und Gleichgesinnte hier ihre waghalsigen Tricks. Gut versteckt im Dickicht bauten sie in Handarbeit Holzrampen und schütteten Erdhügel für die Landungen auf.
Bagger machte den Park platt
Doch damit ist nun Schluss. Vor wenigen Tagen planierte die Bezirkshauptmannschaft Reutte den kleinen Dirtpark mit einem Vier-Tonnen-Bagger. Bis auf ein Holzgerüst wurde bereits alles zerstört. Für Kaiser und seine Freunde war es einer der traurigsten Tage. Wenngleich er sich darüber im Klaren ist, dass die Anlage illegal und ohne Genehmigung errichtet wurde. Aber wo kein Kläger, da kein Richter.
"Wir haben sehr darauf geachtet, dass die Sprünge vom Spazierweg aus nicht einsehbar sind", erzählt er. Alle Arbeiten wurden von Hand erledigt, der Platz wurde stets sauber gehalten. Niemand störte sich bislang an dem kleinen Dirtpark, den sich die Jugendlichen errichtet hatten. Die meisten Anrainer und selbst die Behörde wussten angeblich davon, ließen die Jungs aber gewähren. Bis im Frühjahr ein Pensionist aus Telfs auf dem Spazierweg flanierte und durch das Gebüsch den Platz erspähte. Er erstattete Anzeige bei der Bezirkshauptmannschaft, weil das Gelände Teil eines Natura-2000-Gebiets ist und somit unter Naturschutz steht.
Anzeiger bestand auf Schleifung
Kaiser kontaktierte den Anzeiger. Zusammen mit einem Freund fuhr er ihn sogar besuchen, um mit ihm zu sprechen und ihn davon zu überzeugen, die Anzeige zurückzuziehen. Ohne Erfolg. Zwar habe der Pensionist eingeräumt, als Kind selbst in den Lechauen Baumhäuser und anderes gebaut zu haben. Doch heute sehe er sich dem Naturschutz verpflichtet und kämpfe gegen derlei Umweltsünden, erklärte er den Bittstellern. Der Anzeiger war am Montag telefonisch nicht für Rückfragen erreichbar.
Kaiser kann für diese Haltung nur wenig Verständnis aufbringen: "Wenn es sich um die wirklichen Lechauen flussaufwärts handeln würde, okay. Aber der Auwald hier unten wird auch von anderen genutzt." Unweit des Geländes, gleich neben dem Auwald, befinden sich ein Fußballplatz und sogar eine Mülldeponie.
Für die Slopestyler ist der Abriss eine Tragödie. Es war die einzige Trainingsmöglichkeit, die sie hatten. Gerade Kaiser, der mittlerweile international bekanntes Aushängeschild der heimischen Szene ist, versteht diese Ignoranz nicht: "Ich habe das alles diesem Ort zu verdanken. Doch man sieht in uns keine Talente, die förderungswürdig wären. Nein, man eliminiert sogar noch unser einziges Trainingsgelände." Heuer sorgte der junge Außerferner mit seinen spektakulären Auftritten etwa beim Crankworx Festival und dem Nine Knights für Furore.
Behörde bedauert den Abriss
Auch seitens der Behörde zeigt man Verständnis für die jungen Sportler. "Es ist eigentlich bewundernswert, was sie sich dort geschaffen haben", sagt Wolfgang Klien, der als Eigentümervertreter des öffentlichen Wasserguts im Baubezirksamt fungiert. Allerdings sei es offiziell so gut wie unmöglich, für das Gelände eine Erlaubnis zur Nutzung als Dirtpark zu erhalten. Klien bedauert den Verlust der Biker: "Es war so gut versteckt, dass es ohnehin kaum jemand gesehen hätte. Dennoch stellt es strenggenommen eine Übertretung des Naturschutzgesetzes dar."
Und dieses Gesetz sowie der hartnäckige Anzeiger ließen für Klien keinen anderen Ausweg zu, als die Anlage dem Erdboden gleichzumachen. Damit der Bagger zufahren konnte, mussten eine mehrere Meter breite Schneise in den Auwald gezogen und Bäume gefällt werden. Dadurch ist der Platz nun auch besser einsehbar. Mit einem interessanten Effekt, wie Kaiser erzählt: "Als ich vor ein paar Tagen dort war, hatten Kinder bereits wieder aus den alten Brettern eine kleine Rampe gezimmert und einen Landehügel aufgeschaufelt." (Steffen Arora, 7.11.2017)