Im Vordergrund eine sehr heutig wirkende Szene mit den neuentdeckten Säugetieren. Die Sauropoden im Hintergrund rücken sie aber in den richtigen Kontext.
Illustration: Mark Witton, University of Portsmouth

London – 145 Millionen Jahre alt sind zwei Zähnchen, die in der Grafschaft Dorset im Südwesten Englands gefunden wurden. Sie stammen von zwei Säugetieren – und zwar, und das macht sie so besonders, von Angehörigen jener Säugetiergruppe, die in weiterer Folge auch zu uns Menschen geführt hat. Es sind also Urahnen von uns, die während der Hochblüte des Dinosaurierzeitalters lebten.

Den Fund in den Klippen an der Küste machte Grant Smith, ein Student der Universität Portsmouth. Die Wissenschafter Steve Sweetman und Dave Martill unterzogen die Fossilien anschließend einer eingehenden Untersuchung und stellten sie nun im Fachjournal "Acta Palaeontologica Polonica" vor.

Durlstotherium und Durlstodon

Eines der Tiere benannten die Paläontologen nach Charlie Newman, dem Besitzer eines Pubs in der Nähe der Fundstelle; das Tier heißt jetzt Durlstotherium newmani. Das andere wurde nach Paul Ensom, einem Paläontologen aus der Region, benannt: Durlstodon ensomi.

Die Form der Zähne deutet darauf hin, dass das größere Tier ein Allesfresser gewesen sein dürfte, während sich das kleinere vermutlich auf Insekten spezialisiert hatte und möglicherweise einer grabenden Lebensweise nachging. Beim Aussehen der Spezies lehnen sich die Forscher nicht allzu weit aus dem Fenster: Sie vermuten, dass es sich um fellbedeckte, etwa rattengroße Tiere handelte – entsprechend dem Aussehen der meisten Säugetiere während der damaligen Zeit.

Auch die Vermutung, dass es sich um nachtaktive Tiere handelte, ist nicht weit hergeholt: Die frühen Säugetiere lebten in den Nischen eines von Dinosauriern dominierten Ökosystems. Erst vor kurzem untermauerte eine neue Studie die alte Vermutung, dass die Säuger erst mit dem Aussterben der großen Dinosaurier tagaktiv wurden. Und das Nischendasein war recht erfolgreich: Die Abnutzungsspuren auf den Zähnen werten die Forscher als Zeichen dafür, dass die Tiere ein für ihre Spezies "gutes Alter" erreicht hatten.

Eindeutig Eutheria

Mit einem Alter von 145 Millionen Jahren stammen die Fossilien aus Dorset vom Ende des Jura-Zeitalters. Vergleichbare Zähne kannte man bereits von anderen frühen Säugetieren – die lebten allerdings 80 Millionen Jahre später, in der späten Kreidezeit.

Zu Lebzeiten von Durlstotherium und Durlstodon gab es verschiedene Säugetiergruppen, nicht alle davon haben noch lebende Nachfahren. Diese beiden gehören laut den Forschern aber eindeutig zu den Eutheria, also derselben Gruppe wie alle heutigen Säuger mit Ausnahme der Beuteltiere und der Kloakentiere. Sweetman sagte, dass ihm die Kinnlade heruntergefallen sei, als er die Zähne untersuchte. (jdo, 8. 11. 2017)