Positionierung komplizierter als entlang der Bundespräsidentenwahl 2016: ORF 1 und ORF 2.

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Franz Manola

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In der STANDARD-Story "ORF 1 neu wartet noch auf die Infoshow" vom 7. November verlangt in einigen wenigen Punkten eine Klarstellung. Ausgangslage: Seit mindestens zwei Jahren arbeiteten mehrere Dienststellen des ORF intensiv an einem neuen Konzept für die künftige Aufgabenteilung zwischen ORF 1 und ORF 2. Alexander Wrabetz hat sich vor etwas über einem Jahr erfolgreich um eine Wiederwahl als Generaldirektor beworben, in diese Bewerbung flossen Teile dieser Vorarbeiten ein. Unter anderem auch expressis verbis eine große News-Sendung auf ORF 1. Die kommt also nicht aus heiterem Himmel, sondern sie setzt ein Versprechen um.

News-Sendung nicht prominent genug

Das Team der Fernseh-Direktorin Kathrin Zechner hat ein ebenso umfangreiches wie interessantes Gesamtpaket zur Neupositionierung von ORF 1 vorgelegt, mein einziger Einwand aus unternehmensstrategischer Perspektive war: die versprochene News-Sendung, die für ein öffentlich-rechtliches Vollprogramm unentbehrlich ist, wäre darin nicht ausreichend prominent placiert. Das soll jetzt die "Reform-Untergruppe" mit der ORF-1-Infochefin Lisa Totzauer und dem Scheduler Wolfgang Höfer nachzubessern versuchen.

Urban Legend und wahrer Kern

Die Urban Legend, ich plädierte für eine Kanaldifferenzierung entlang der Line der vergangenen Bundespräsidentenwahl, hat einen wahren Kern. Wenn Menschen quer durch alle Generationen, Regionen, sozialen Schichten und parteipolitischen Affinitäten sich für den einen oder den anderen Kandidaten entschieden haben, dann liegt die Vermutung nahe, sie haben für jeweils eine bestimmte Weltsicht beziehungsweise eine kulturelle Präferenz votiert, nicht im verengten Sinne für oder gegen eine politische Programmatik. Das hatte auch mit Ideologie, mehr aber noch mit Ästhetik zu tun. Ergo könnte es übertragbar sein auf zwei große nationale Fernsehprogramme, lautete meine These.

ORF-Positionierung mit Sora-Studie

Weil ich Karl Popper verinnerlich habe, glaube ich meinen Thesen nur bedingt und versuche sie falsifizieren zu lassen. Im vorliegenden Fall durch das Institut Sora, das die These prompt mit einer in dieser Form beispiellos großen und detaillierten Studie in wesentlichen Punkten widerlegt hat. Die Österreicher zerfallen nicht, wie die BP-Wahl suggeriert, in zwei große Cluster kontrastierender kultureller Sensibilitäten, sondern in fünf, sagt Sora. Was unsere Schlußfolgerungen hinsichtlich von zwei nationalen TV-Programmen deutlich komplexer gemacht hat. (Franz Manola, 8.11.2017)