Reinhold Lopatka (rechts) hat zwar gut lachen, ist aber nicht mehr Klubchef. Vorerst ist das Sebastian Kurz, dann übernimmt August Wöginger (links). Karlheinz Kopf ist nicht mehr im Nationalratspräsidium.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Elisabeth Köstinger hat das Vertrauen von Parteichef Sebastian Kurz. Er setzte sie als Nationalratspräsidentin durch.

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Wien – Sebastian Kurz geht offenbar fix davon aus, dass die Regierungsverhandlungen mit der FPÖ zu einem positiven Ende kommen werden. Die Blauen würden glücklicherweise nicht zu viele Posten fordern, auch wenn es nicht immer die gleichen seien, scherzte der Parteichef am Mittwoch bei der ersten Klubsitzung der ÖVP nach der Nationalratswahl.

Wie Teilnehmer dem STANDARD berichteten, machte Kurz dem Klub allerdings klar, dass es auch für die Freiheitlichen "rote Linien" gebe und man auf deren Wünsche Rücksicht nehmen müsse. Explizit genannt wurde vom Außenminister in diesem Zusammenhang die Pflichtmitgliedschaft bei den Kammern.

Blaue drängen gegen Pflichmitgliedschaft

Wie berichtet drängt die FPÖ auf ein Ende der Pflichtmitgliedschaft, der schwarze Wirtschaftsbund war bisher ein kategorischer Gegner dieser Forderung. Der designierte Wirtschaftsbund-Chef und Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer verteidigte die Kammerpflichtmitgliedschaft zuletzt als "zutiefst liberale Idee". Seinem Parteichef richtete der Noch-Wirtschaftsminister aus, für die Beibehaltung "kämpfen" zu wollen.

Details, wie ein Kompromiss aussehen könnte, nannte Kurz in der Klubsitzung freilich nicht. Spekuliert wurde darüber, dass es in einem ersten Schritt nur zu einer Senkung der Kammerbeiträge kommen könnte. Eine Reform in Etappen können sich auch die Neos vorstellen, die man im Fall einer größeren Reform (es handelt sich um eine Verfassungsmaterie) bräuchte.

Kurz will Unterstützung für "unpopuläre Maßnahmen"

So weit ist man aber noch nicht. Konkrete Informationen über die Verhandlungen sind generell noch Mangelware. Der Parteichef deutete aber im Rahmen seines "politischen Berichts" vor den Abgeordneten an: Die neue Regierung werde wohl auch unpopuläre Maßnahmen setzen müssen, und er erwarte sich dann die Unterstützung des Parlamentsklubs.

In weiten Teil hat er die derzeit auch. Kurz wurde mit 97,5 Prozent zum Klubchef gewählt, er wird diese Funktion – sobald die Regierung steht – aber an den bisherigen Sozialsprecher August Wöginger übergeben.

Vier Stimmen für Kopf

Abgesegnet wurde auch die Nominierung von Elisabeth Köstinger zur Nationalratspräsidentin. Was dabei auffällt: In geheimer Wahl sprachen sich vier ÖVP-Abgeordnete für den bisherigen Zweiten Nationalratspräsidenten Karlheinz Kopf aus, obwohl dieser gar nicht für das Amt kandidierte. Ob Köstinger dauerhaft im Amt bleibt oder später zur Ministerin aufsteigt, ließ Kurz offen. SPÖ und Neos sehen darin jedenfalls eine Desavouierung des Parlaments. (Günther Oswald, 8.11.2017)