ORF-Landesdirektor Markus Klement ist Vorarlberger Kulturschaffenden kein Quell der Freude.

Foto: ORF/Shourot

Dornbirn – Das kulturelle Angebot in Vorarlberg ist, was Qualität und Quantität anbelangt, mit jenem großer Städte vergleichbar. Ebenso ungewöhnlich für eine ländlich-kleinstädtische Region war über Jahrzehnte die Entwicklung der Kulturabteilung des ORF-Landesstudios. Sind andere Bundesländerstudios noch dem Volkstümlichen und Traditionalistischen verpflichtet, werden die Kulturformate von Radio Vorarlberg der vielfältigen Szene gerecht. Oder besser: wurden ihr gerecht.

Denn seit Markus Klement (42) vor sieben Jahren überraschend vom Moderator zum Landesdirektor aufstieg und das Dornbirner Studio übernahm, hat sich Grundlegendes geändert: Die Kultur hat keine eigene Abteilung mehr, beliebte Sendungen wurden abgesetzt, Personal reduziert.

Rigorose Umgestaltung

Klement drückte dem Haus seinen Stempel auf. Eine interne Bibliothek wurde gegen den Widerstand der Redakteurinnen und Redakteure weggeworfen, er versuchte ausstellende Künstler zu zensurieren, schließlich wurde Carina Jielg, anerkannte Kuratorin der ORF-Ausstellungen "Kunst im Funkhaus", von einem Tag auf den anderen durch den Künstler Harald Gfader ersetzt. Bereits vereinbarte Ausstellungen wurden gestrichen, die betroffenen Kunstschaffenden nicht entschädigt.

Zu allen diesen Entscheidungen hagelte es Proteste. Eva Blimlinger, Rektorin der Akademie der bildenden Künste in Wien und Mitglied des ORF-Publikumsrats, hat Stiftungsrat und Generaldirektion über das Geschehen mit geharnischten Schreiben informiert. Erfolglos. Klement verweigert die öffentliche Diskussion, Angst um den Job prägt das Betriebsklima. Das Landesstudio verkomme zum Angsthasenverein, schreibt Peter Füßl in der aktuellen Ausgabe der Monatszeitschrift "Kultur": "Der Betriebsrat ist zahnlos, der Redakteursrat bemüht, aber leider wirkungslos."

Öffentliche Kritik

Nun geht die Vorarlberger Kulturszene auf direkten Konfrontationskurs. Die Verschiebung der beliebten Kultursendung "Kultur nach 6" auf 20 Uhr brachte das Fass zum Überlaufen. Auf einen offenen Brief der IG Kultur Vorarlberg, des Vorstands der IG Autorinnen Autoren Österreichs und der Grazer Autorinnen Autorenversammlung folgte die Gründung der "Plattform gegen den Kulturabbau im ORF Vorarlberg".

Initiiert wurde die Gruppe von Walter Fink, früherer Leiter der ORF-Kulturabteilung, und Meinrad Pichler, dem wohl renommiertesten Historiker des Landes. Unterzeichnet haben das Schreiben über 30 Persönlichkeiten des Vorarlberger Kulturlebens, die Liste liest sich wie das Who's who der Szene.

"Eine beängstigende Serie hat im ORF Vorarlberg nun ihren Höhepunkt erreicht", heißt es in dem Schreiben. "Landesdirektor Markus Klement hat verfügt, dass die Sendung 'Kultur nach 6' vom Sendeplatz 18 Uhr um zwei Stunden auf 20 Uhr verlegt wird. Das bedeutet, dass die wesentlichste Kultursendung von Radio Vorarlberg von einem gut gehörten Sendeplatz auf einen verlegt wird, der praktisch keine messbaren Einschaltquoten mehr erreicht." Die Plattform vermutet dahinter Strategie: "In absehbarer Zeit wird uns erklärt werden, dass die Kultursendung leider für die geringe Einschaltquote zu teuer ist und deshalb aufgelassen wird." So könne die Sendung in absehbarer Zeit wegen zu geringer Hörerzahl eingestellt werden.

Klement wird aufgefordert, den gesetzlichen Kulturauftrag des ORF zu erfüllen und "seinen Feldzug gegen die Kultur einzustellen". Konkret solle er "Kultur nach 6" wieder auf den alten Sendeplatz setzen. "Zudem soll die Kultur beim ORF Vorarlberg wieder als eigenständige Redaktion mit einer verantwortlichen Leiterin/einem verantwortlichen Leiter eingesetzt werden."

Politik schweigt bisher

Nachdruck will man dem Protest mit einer Podiumsdiskussion zum Thema Kulturabbau im ORF verleihen (27. November, 19 Uhr im Vorarlberg-Museum Bregenz). Kulturlandesrat Christian Bernhard (VP) hat seine Teilnahme zugesagt – womit das Schweigen der Politik zum Geschehen im Landesstudio beendet wird.

Bisher ist im Landhaus weder das Schwinden der Kultur noch jenes von Transparenz und Kontrolle im Landesstudio aufgefallen. Klement besetzt alle wichtigen Positionen in Personalunion: Landesdirektor, Leiter Kommunikation und Kreation, kaufmännische Leitung. Der Generaldirektion scheint das zu gefallen, weil zum Sparkurs passend. (Jutta Berger, 10.11.2017)