Das Internet erlaubt es vielen Menschen, ihre Meinung zu verschiedenen Themen zu veröffentlichen. Mitunter ist diese jedoch unflätig oder gewaltverherrlichend.

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Foren im Internet und Social Media bieten Menschen Gelegenheit, sich öffentlich zu äußern. Oft aber sind Kommentare unflätig oder gar gewaltverherrlichend. Die Rostocker Medienwissenschafterin Prommer stellt den Wert solcher Meinungsäußerungen generell infrage.

Die Medienwissenschafterin Elizabeth Prommer fordert von klassischen Medien wie Tageszeitungen, Radio und Fernsehen, sich stärker von "Schreihälsen" im Internet abzugrenzen. "Journalisten lassen sich teilweise extrem durch Reaktionen im Netz irritieren und vermitteln dann das Gefühl, das sei 'die Meinung' da draußen", sagte Prommer zur dpa in Rostock. Die Wissenschafterin leitet das Institut für Medienforschung an der Universität Rostock.

Nur kleiner Ausschnitt

Nur etwa drei Prozent der Leser, Hörer oder Zuschauer würden ihre Meinung zu bestimmten Inhalten über soziale Medien veröffentlichen oder per Mail kundtun. "Das zeigt: All das, was im Netz kommentiert, geschrien und gehetzt wird, ist nicht 'die Meinung' der Allgemeinbevölkerung", erklärte Prommer. Wenn überhaupt, würden Beiträge meist mit einem Smiley oder einem kurzen "Das ist cool" kommentiert.

Bei Zeitungen oder Radio- und Fernsehsendern, bei denen eine Registrierung notwendig ist, sei die Zahl der Kommentierer sogar verschwindend klein, sagte Prommer unter Berufung auf die Ergebnisse mehrerer Studien. Die Medien könnten sich angesichts der gering ausgeprägten Neigung zu öffentlichen Äußerungen bei nahezu allen Lesern, Hörern oder Zuschauern überlegen, die Kommentarspalten einfach abzuschalten und ihre Inhalte nicht kommentieren zu lassen. Das habe nichts mit Zensur zu tun, meinte die Medienwissenschafterin.

Reaktion

Der Sprecher des Deutschen Journalistenverbands, Hendrik Zörner, sieht diese Einschätzung Prommers kritisch: Die Abschaffung der Kommentarmöglichkeiten wäre seiner Ansicht nach ein Rückschritt. Die Foren seien eine Antwort der Nachrichtenportale auf das Bedürfnis vieler Menschen, sich zu äußern. Auch wenn viele Kommentare gelöscht werden müssten, sei es doch wichtig für die Menschen, ein Podium zu bekommen.

Prommer gibt jedoch außerdem zu bedenken, wie viel Arbeitskraft die Pflege der Kommentarspalten benötige, um dort schlimmste Hetzereien und illegale Äußerungen zu löschen. Dies sei Arbeitszeit, die besser in Redaktionsarbeit investiert werden solle. Journalisten könnten dann wieder raus auf die Straße und in die Wohnbezirke gehen und mit den "echten Leuten" reden. Denn auch in der Krise der klassischen Medien zeige sich, dass auf Journalisten, die sauber recherchierten und die Dinge einordneten, nicht verzichtet werden könne. (APA, 15.11.2017)