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US-Außenminister Rex Tillerson.

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Eingang des Außenministeriums in Washington.

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Washington/Wien – Es war im Juni dieses Jahres, als US-Verteidigungsminister James Mattis und Außenminister Rex Tillerson ein ungewöhnliches Treffen anberaumten, von dem die Nachrichtenagentur AP jüngst berichtet hat: In einem sicheren Besprechungsraum im Pentagon hatten sie dreidimensionales Kartenmaterial, einfache Statistikblätter und stichwortartige Informationen zu den US-amerikanischen Militär- und Diplomatie-Stützpunkten in der Welt aufgebaut.

90 Minuten sollte das Treffen dauern, in dem sie ihrem Zuhörer näherzubringen versuchten, wieso die Vereinigten Staaten in so vielen anderen Ländern Botschaften unterhalten und welche wichtigen Militärstützpunkte es gebe. Danach trat US-Präsident Donald Trump wieder aus dem Raum. Es war jenes Treffen, an dessen Ende Tillerson seinen Chef als "Trottel" bezeichnet haben soll.

Sparkurs Außenpolitik

Immerhin, wird kolportiert, hatte das Gespräch aber die Folge, dass Trump nun in Meetings nicht mehr so oft frage, wieso man so viel Geld in aller Welt für Diplomatie und Militär ausgebe. Den Sparkurs, den die Regierung sich selbst in Sachen Außenpolitik verordnet hat, hat es allerdings kaum gebremst.

Vergangene Woche hat in den USA die frühere Diplomatin Barbara Stephenson für Aufsehen gesorgt, die erstmals konkrete Zahlen zusammenfasste: Von den zuletzt fünf Karrierediplomaten in den USA, die den höchsten Rang innehaben, haben in den vergangenen Monaten drei ihren Posten verlassen. Im zweiten Glied sitzen 13 von einst 33 nicht mehr an ihrem Arbeitsplatz. Im dritthöchsten Dienstgrad arbeiten 62 von zuvor 431 nicht mehr. Ein unwiederbringlicher Verlust, argumentiert Stephenson im Gespräch mit dem Radiosender PBS – immerhin müsste man teils Jahrzehnte im Außenamt arbeiten, um sich die für diese Posten nötige Erfahrung anzueignen.

Vakante Posten

Und selbst wenn es das Geld zur Nachbesetzung gäbe: Weder das Außenamt noch das Weiße Haus scheinen dazu gewillt. Die Besetzungen sind im Laufe des Jahres um 70 Prozent zurückgegangen, und selbst unter jenen, die Tillerson für den Aufstieg in höhere Posten nominiert hat, harren zahlreiche noch immer der Bestätigung durch das Weiße Haus. Viele andere sind durchgefallen, nicht immer aus Qualifikationsgründen, wie Medien berichten.

In einigen Fällen liege es vielmehr daran, dass den Kandidaten kritische Kommentare gegen Donald Trump aus der Wahlkampfzeit zum Verhängnis geworden seien. Das Weiße Haus und das Außenamt dementieren dies dahingehend, dass es einen Engpass gäbe. Sie teilten vergangene Woche mit, dass lediglich wegen organisatorischer Umstellungen vorübergehend keine Beförderungen stattfinden würden.

Einen ganz anderen Verdacht hegen laut mehreren Medienberichten hingegen viele aktuelle und ehemalige Mitarbeiter amerikanischer Behörden: Dieser fand jüngst seinen Niederschlag in einem Cover des Magazins "Time", das Donald Trump in Form einer Abrissbirne porträtierte. Der Präsident, so der Tenor der Texte, versuche vor allem im Außenamt jenes Ziel umzusetzen, das sein mittlerweile nicht mehr im Weißen Haus tätiger Chefstratege Stephen Bannon als "Zerstörung des administrativen Staates" beschrieb.

Bannon, der inzwischen wieder zur ultrarechten Plattform "Breitbart" zurückgekehrt ist, hatte als eines seiner obersten Ziele den radikalen Rückbau des Staates angeführt. Die beiden anderen Prioritäten, so hatte er Ende Februar bei einem Treffen konservativer bis radikaler Aktivisten erklärt, seien die Bereiche Einwanderung und nationale Sicherheit sowie der Handel. Ein Zurückschneiden des Staates aber sei das Wichtigste, weshalb das System aus Steuern, Regulierungen und internationalen Abkommen zerschmettert gehöre.

"Globalisten" und Generäle

Bannon hat angekündigt, seinen Kampf gegen das republikanische Establishment auch nach seinem Abschied aus dem Weißen Haus fortzusetzen und Trump in vielen Punkten weiterhin loyal zu bleiben, "sein stärkstes Feuer" aber auch gegen die "Globalisten" der Regierung richten zu wollen. Mit "Globalisten" meint Bannon jene Berater und Kabinettsmitglieder Trumps, die sich gegen seinen Plan des politischen und wirtschaftlichen Isolationismus gestellt hatten. Bannons Idee der Abschottung beinhaltete einen Rückzug aus Freihandelsabkommen ebenso wie aus internationalen Kooperationen – etwa mit der Uno oder der EU – und der weltweiten Diplomatie.

Am Ende haben die sogenannten Globalisten gegen Bannon gewonnen: Seither versuchen Trumps Schwiegersohn Jared Kushner und sein nationaler Wirtschaftsberater Gary Cohn die Zusammenarbeit mit dem Establishment wieder auszuweiten. Und es sind nun drei Generäle, die im Weißen Haus den Ton angeben: Stabschef John Kelly, Verteidigungsminister James Mattis und der Nationale Sicherheitsberater H. R. McMaster.

Sparprogramme

Der von Bannon geschaffene "America first"-Slogan schlägt sich allerdings dennoch im Haushaltsentwurf der US-Regierung nieder: Aufgestockt werden die Mittel für Verteidigung und Heimatschutz, gespart wird beim Außenministerium und der Umweltbehörde EPA. Ginge es nach Donald Trumps erstem Entwurf, dann sollte der Ministeriumshaushalt des State Department um 30 Prozent gesenkt werden. Der Kongress schwächte das ab, inzwischen peilt Tillerson acht Prozent an. Demnach sollen die derzeitigen 25.000 Vollzeitbeschäftigten um 1982 Mitarbeiter reduziert werden.

Auch über diese Zahl jedoch sind einige Senatoren, Demokraten wie Republikaner, höchst unglücklich: Der führende republikanische Senator Bob Corker, der mit Trump im Dauerclinch liegt, kritisierte am Dienstag (Ortszeit) erneut die Pläne des Außenministers. Er gehe davon aus, dass die Regierung null Plan habe, wie sich das Ministerium neu aufzustellen gedenke, sagte Corker, der Vorsitzender des Auswärtigen Senatsausschusses ist.

Ben Cardin, Demokrat und ebenfalls Mitglied in dem Gremium, nannte die Einsparungen eine Gefahr für die nationale Sicherheit und eine "Enthauptung auf höchster Führungsebene". Die Situation sei "alarmierend", sagte Cardin, sie stelle eine "Gefahr fürs Land" dar. In beiden politischen Lagern herrsche große Sorge.

Lücken von Nordkorea bis Katar

Das Aushungern des Ministeriums hinterlässt ganz offensichtlich dort Lücken, wo die Krisen am größten sind, von Nordkorea bis Katar. Und es verhindert darüber hinaus das Entwickeln diplomatischer Strategien für eine ganze Reihe von Themen, angefangen bei der Frauenpolitik über die Nichtverbreitung von Atomwaffen bis hin zur Frage der Schließung des Gefangenenlagers Guantánamo. Probleme werden nicht inhaltlich diskutiert, stattdessen geht es laut "NYT Magazine" in Besprechungen um Tippfehler in Memos. Wer die USA auf Positionen abklopfen möchte, muss sich nun entweder ans Pentagon wenden oder gleich direkt an das Weiße Haus. US-Präsident selbst hat es zuletzt selbst einmal mehr wiederholt: "Das Einzige, was zählt, bin ich." (Text: Manuel Escher, Anna Giulia Fink; Grafik: Sebastian Kienzl)