"Wenn ich fluche, merke ich, dass ich noch atme." Fluchen kann Amelie (Mia Kasalo) in dieser Hinsicht glücklicherweise über so gut wie alles: über ihr lebensbedrohendes Asthma, ihre geschiedenen Eltern, "die so tun, als ob sie glücklich wären", und im Moment über diesen Berg. Doch die 13-jährige Berlinerin hat es sich in den Kopf gesetzt, auf den Gipfel zu wollen. Denn oben wird, so will es ein alter Südtiroler Brauch, ein Feuer entzündet, und wer über dieses springt, darf sich etwas wünschen. Und wünschen ist immer noch besser als fluchen.

Auf dem Gipfel darf man sich was wünschen: Mia Kasalo und Samuel Girardi in "Amelie rennt".
Foto: Einhorn Film

Also stapft die eigensinnige Amelie, von der Lungenklinik ausgerissen, mit dem 15-jährigen Bart (Samuel Girardi), der sich als moderner Kuhbub "Herdenmanager" nennt, über Stock und Stein und dramaturgische Holprigkeiten hinweg bergauf, Übernachtung unter Sternenhimmel, Gewitter und Abenteuer mit Gebirgsbach inklusive.

Eine Geschichte vom Stadtkind in den Bergen also, doch der Kitschfaktor hält sich in Tobias Wiemanns Jugendfilm Amelie rennt – nach einem Buch von Nadja Brunckhorst – in Grenzen, was vor allem dem tollen Spiel von Mia Kasalo zu verdanken ist.

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Wiemann lässt seine so störrische wie sympathische Heldin nämlich eine andere Grenze überschreiten: jeder zurückgelegte Meter bedeutet für Amelie, ein Stück Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. (pek, 15.11.2017)