Rekonstruktion einer wikingerzeitlichen Halle in Borre, Norwegen. Die hölzernen Aufbauten sind in der Art nicht belegt, die Pfostenstruktur dagegen beruht auf archäologischen Befunden.

Foto: Midgard Historisk Senter

Ein Blick ins Innere der rekonstruierten Halle.

Foto: Midgard Historisk Senter

Eine unserer Messstationen auf dem Testgelände in Borre.

Foto: Christer Tonning

Kollege Christer Tonning prospektiert eine der Testflächen bei winterlichen Verhältnissen.

Foto: Vibeke Lia

Auch Kollegin Julie Karina Øhre Askjem hilft bei den monatlichen Messungen.

Foto: Christer Tonning

Eines unserer geophysikalischen Datensets: eine Bodenradar-Tiefenscheibe, die die beiden wikingerzeitlichen Hallen in unseren Testarealen zeigt.

Foto: Kulturarv i Vestfold/LBI ArchPro

Beim Bergen der Sensoren kämpfe ich mit einem hohen Grundwasserspiegel. Da hilft nur noch die Pumpe.

Foto: Christer Tonning

Vor eineinhalb Jahren habe ich im Archäologieblog erstmals über das Borre-Monitoringprojekt berichtet. Ein kurzer Rückblick: Im Sommer 2016 haben meine norwegischen Kollegen von der Landesarchäologie Vestfold, dem Norwegian Institute for Cultural Heritage Research, und ich Feuchtigkeitssensoren in und um eine wikingerzeitliche Halle, die zur bekannten eisenzeitlichen Fundlandschaft Borre in Norwegen gehört, installiert und eine Wetterstation aufgestellt. Ziel dieser archäologisch etwas ungewöhnlichen Aktion war es, Parameter wie Niederschlag, Temperatur, Wassergehalt und elektrische Leitfähigkeit des Bodens sowie Sonneneinstrahlung zu messen und ihren Einfluss auf die Bodenradarprospektion zu untersuchen. Dabei geht es um Fragen wie: Unter welchen Bedingungen sind die oft schwach erhaltenen archäologischen Spuren in unseren Bodenradardaten am besten zu sehen? Können wir im Winter bei geschlossener Schneedecke prospektieren? Und ab welcher Niederschlagsmenge sollten Bodenradarmessungen besser unterbleiben?

Dass der Erfolg archäologischer Prospektionen auf ausreichendem Kontrast zwischen archäologischen Strukturen und umgebendem Material abhängt, ist hinlänglich bekannt. Die Faktoren, die diesen Kontrast bestimmen, und deren Zusammenspiel sind jedoch weniger gut erforscht. Studien darüber gibt es vor allem im Bereich der magnetischen Prospektion; eine Forschungslücke klafft hingegen im archäologischen Anwendungsbereich des Bodenradars, weswegen das Borre-Monitoringprojekt international auch aufmerksam verfolgt wird.

Ein trockenes Jahr

In den vergangenen 14 Monaten haben wir im Rahmen unserer Untersuchungen mehr als 60.000 Einzelmessungen physikalischer Bodenparameter verteilt auf drei Messstationen vorgenommen. Die Messergebnisse konnten wir jederzeit in Echtzeit einsehen, da die einzelnen Messstationen über ein GSM-Netz mit einem Datenserver in den USA verbunden waren. Das gab uns einerseits die Gelegenheit, die Funktionstüchtigkeit unserer Messstationen im Blick zu halten. Andererseits hätten wir so auch direkt auf extreme Wettersituationen in unseren Daten reagieren können.

Ich schreibe im Konjunktiv, denn ausgerechnet das Jahr 2016/2017 hielt sich mit extremen Niederschlagsereignissen zurück; Regenmengen von über 200 Millimeter innerhalb einer Woche, wie sie im Jahr 2015 kurz vor einer Bodenradarprospektion niedergingen, und eindrucksvoll die Auswirkungen solcher Bedingungen auf die Datenqualität demonstrierten, gab es während unserer Monitoringperiode nicht. Im langjährigen Mittel war es sogar ausgesprochen trocken. Und auf das Wetter haben wir trotz sorgfältigen Projektdesigns leider keinen Einfluss.

Um Bodenparameter mit Bodenradardaten korrelieren zu können, wurden drei Testareale circa einmal pro Monat mittels Einzelkanalsystem – einem nichtmotorisierten Bodenradar – untersucht. Kollege Christer Tonning hat dabei bis September 2017 mehr als 170 Kilometer zurückgelegt, und das sommers wie winters, bei jedem Wetter.

Gebäude, die Schiffen ähneln

Das Borre-Monitoringprojekt ist aber nicht nur für die Methodenentwicklung von Bedeutung. Die Testareale beinhalten die Spuren zweier wikingerzeitlicher Hallen, entdeckt 2007 ebenfalls durch den Einsatz eines Bodenradars, die im Rahmen des Projektes nun besonders genau untersucht werden können. Wikingerzeitliche Hallen werden als repräsentative Bauten interpretiert und als solche der sozialen Elite der Wikingerzeit zugeordnet. Entwickelt haben sich diese Gebäude möglicherweise aus den Langhäusern der Nordischen Eisenzeit (ca. 500 v. Chr. – 1050 AD), die als Wohnhäuser und Stallungen genutzt wurden, im Gegensatz zu den Hallen, die wahrscheinlich als Versammlungsorte und für Rituale verwendet wurden. Darauf deutet einerseits das Fehlen großer Kochbereiche hin, die der Größe und Fassungsvermögens eines solchen Gebäudes gerecht würden. Andererseits besitzt jede Halle als wesentliches Merkmal einen oder mehrere zentrale Bereiche, die durch spezielle Pfostensetzungen und einen leicht geschwungenen Wandverlauf erreicht wurden und die im Zentrum der Gebäude mehr Raum schafften.

Ob die Gebäude auf diese Weise Schiffen ähneln sollten, ist momentan Gegenstand neuer Untersuchungen. Hallen sind als Pfostenbauten mit hölzernem Aufbau konstruiert. Pfostenlöcher mit bis zu 1,20 Meter Durchmesser lassen auf gewaltige Pfosten schließen und könnten theoretisch bis zu 15 Meter Höhe erreicht haben. Man geht davon aus, dass die Hallen ähnlich den wikingerzeitlichen Schiffen – zum Beispiel das Osebergschiff – aus den Schiffsgräbern durch Schnitzereien und Farbe reich verziert gewesen sind. Von den Aufbauten ist allerdings in den mehr als 1.000 Jahren seit ihrer Konstruktion durch die natürliche Zersetzung organischer Materialien kaum etwas übrig. Lediglich die massiven Pfostenlöcher im Boden haben sich erhalten.

Fundleeres Inneres

Ausgrabungen im dänischen Lejre sowie im schwedischen Uppsala zeigen, dass das Innere der Hallen verhältnismäßig fundleer ist. Das bedeutet, dass im Gegensatz zu Gebäuden mit Wohncharakter kaum Nutzungshorizonte oder ausgeprägte Abfallschichten festgestellt werden können – ein weiteres Indiz für den zeremoniell-repräsentativen Charakter der Hallen.

Gerade dieser Umstand stellt die archäologische Prospektion jedoch vor Probleme bei der Detektion dieser Gebäude. Auch die intensive landwirtschaftliche Nutzung dieses Teils von Norwegen, dichte Entwässerungssysteme und das verbreitete Tiefpflügen stellen eine ständige Gefährdung für die archäologischen Hinterlassenschaften dar. Aus diesem Grund ist die Möglichkeit einer genauen und kosteneffizienten Untersuchung großer Flächen mittels Bodenradar so wichtig für die Denkmalpflege in Norwegen.

Die nächste Phase

Ende September ist unsere Monitoringperiode zu Ende gegangen, wir haben unsere Sensoren geborgen und die Messstationen abgebaut. Der nächste Schritt unserer Untersuchungen wird sich auf die statistische Auswertung der Datenmengen konzentrieren, die wir in den vergangenen 14 Monaten gesammelt haben, sowie auf weitere geoarchäologische Analyse neuer Bodenproben.

Was sich bereits jetzt, basierend auf einer ersten qualitativen Auswertung, sagen lässt, ist, dass schon relativ geringer Niederschlag sich ungünstig auf die Bodenradarprospektion auswirken kann; eine Erkenntnis, die besonders in Zusammenhang mit dem verbreiteten Auftreten der Staunässeböden in Norwegen von Bedeutung ist. Das Borre-Monitoringprojekt geht damit in seine nächste Phase, und ich werde an dieser Stelle über die weiteren Entwicklungen berichten. (Petra Schneidhofer, 16.11.2017)