Enttäuschung in Pretoria.

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Zufriedenheit bei Frankreichs Rugby-Präsident Bernard Laporte.

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London/Wien – Am Mittwoch gab der Weltverband World Rugby in London bekannt, dass Frankreich die Rugby-Weltmeisterschaft 2023 veranstalten wird – und überraschte damit die Szene nachhaltig. Denn mit dieser Entscheidung stellte sich das Council des Verbandes in seiner geheimen Abstimmung gegen die auf einem ausführlichen Evaluierungsbericht basierende Empfehlung seines eigenen Vorstandes, der Südafrika als Gastgeber favorisiert hatte.

Auch die als aussichtsreich gehandelte Bewerbung Irlands kam nicht zum Zug. Die Iren, die im Gegensatz zu ihren Konkurrenten noch nie eine WM veranstaltet hatten, wurden nach dem ersten Wahldurchgang eliminiert. Dort entfielen 24 Stimmen auf Frankreich, 15 auf Südafrika und acht auf Irland. Im entscheidenden zweiten Durchgang setzten sich die Franzosen (24) deutlich gegen die Südafrikaner (15) durch. 2019 findet die WM in Japan statt.

In der Abstimmung verfügten die Vertreter der stärksten Rugby-Länder (England, Wales, Schottland, Italien, Neuseeland, Australien und Argentinien) über je drei Stimmen und hatten bei Einhelligkeit das zur Kür des Sieger zumindest notwendige Quorum von 20 Stimmen in eigener Hand. Über die restlichen 18 Stimmen verfügen sechs Regionalverbände sowie kleinere Rugby-Nationen. Die Kandidatenländer selbst, nahmen an der Abstimmung nicht teil.

Der Prüfbericht hatte für Südafrika ein Ergebnis von 78,97 Prozent ausgewiesen, Frankreichs Bewerbung kam auf 75,88, Irlands auf 72,25 – bindend war er jedoch nicht. Frankreichs Verbandschef Bernard Laporte hatte nach Bekanntwerden der Ergebnisse schwere Vorwürfe gegen World Rugby erhoben, er bezeichnete den Weltverband als inkompetent. Die Evaluierung sei "Schwachsinn und voller Fehler, hatte der Ex-Profi gewütet. Nach dem Überraschungserfolg vom Mittwoch klang Laporte naturgemäß versöhnlicher: Wie die beiden Konkurrenten hätte man eine "solide Bewerbung" vorgelegt. "Ich kann versprechen, dass das eine fantastische WM wird", sagte Laporte. Frankreich hatte bereits 2007 die Titelkämpfe veranstaltet.

Weiterer Rückschlag für Südafrikaner

Mark Alexander, der Präsident des südafrikanischen Verbandes zeigte sich vom Abstimmungs-Ergebnis "tief enttäuscht". Bei der Bevölkerung und Regierung wolle man sich entschuldigen, da die geweckten Hoffnungen letztlich doch unerfüllt blieben. Geschäftsführer Jurie Roux schloss zwar einen Einspruch gegen die Wahl aus, kündigte aber an, darauf zu drängen, die Empfehlungen der Evaluierungs-Kommission künftig bindend zu machen.

Viele Südafrikaner hatten von einer WM im eigenen Land Impulse für ihren Nationalsport erhofft, der gerade schwere Zeiten durchmacht. Die Nationalmannschaft, zweifacher Weltmeister und von allen gefürchteter Gegner, geht unter der Leitung des Cheftrainers Allister Coetzee durch ein tiefes Tal den Weg Richtung Mittelmaß. In den letzten Wochen mussten die Springboks Rekordniederlagen gegen Neuseeland und Irland einstecken.

Als sich die Rugby-Welt 1995 im Land am Kap versammelt hatte, war das noch ganz anders gewesen. Gastgeber Südafrika, nach der Überwindung des Sportboykotts der Apartheid-Ära erstmals bei einer Weltmeisterschaft dabei, hatte auf Anhieb den Titel gewonnen. Die sympolkräftigen Bilder der Pokalübergabe von Präsident Nelson Mandela an Springbok-Kapitän Francois Pienaar gingen postwendend in die Sporthistorie ein. (Michael Robausch, 15.11. 2017)