Ein Anruf bei der EU-Kommission: Wie halte man es mit den grauenhaften Bedingungen in libyschen Flüchtlingslagern und dem fragwürdigen Verhalten der libyschen Küstenwache gegenüber Flüchtlingsbooten? Natürlich, so die Antwort, verurteile man Menschenrechtsverletzungen und arbeite man an Verbesserungen. Genau genommen sei man dafür aber nicht verantwortlich, schließlich unterstütze man lediglich die libyschen Partner. Niemand dürfe erwarten, dass die EU dabei alles kontrollieren könne. Der Anruf erfolgte Mitte Juli.

Vier Monate später sah sich die Uno dazu gezwungen, die Kooperation der EU mit Libyen mit deutlichen Worten zu kritisieren und auf die weiterhin bestehenden Missstände hinzuweisen. Die Replik aus Brüssel: Man arbeite an einer Verbesserung der Lage. Doch abgesehen davon hätte die Zusammenarbeit bereits zu veritablen Erfolgen geführt.

Reduziert man die Problematik rein auf die Zahl der Ankünfte in Europa, so kann tatsächlich von Fortschritten gesprochen werden. Aber wie – und diesen Vorwurf müssen sich die EU und ihre Mitglieder nach zwei Jahren Krise gefallen lassen – soll es zu einer langfristigen Lösung kommen? Dass der ohnehin fragwürdige Deal mit den dubiosen Partnern von Dauer ist, darf angezweifelt werden. Selbst Akteure in Libyen zeigen sich verwundert, dass er noch hält.

Die Lösung ist in den Herkunftsländern zu finden. Doch hinter dem oft verwendeten Schlagwort Fluchtursachenbekämpfung liegt der harte, steinige Weg des Resettlements. Will man die Herkunftsländer zu einer ernsthaften Kooperation bewegen, muss man ihnen legale Einreisewege anbieten. Das ist die einzige harte Währung, die zwischen Senegal und Somalia von Bedeutung ist. Anfragen von EU und Uno um Flüchtlingsaufnahme aus Afrika wurden von Europas Regierungen bisher nur zögerlich beantwortet. Zwei Jahre Krise sind offenbar noch nicht genug. (Kim Son Hoang, 15.11.2017)