Rascher als ein neues ORF-Gesetz kann eine neue Regierung das wichtigste ORF-Gremium, den Stiftungsrat, umbesetzen.

Grafik: DER STANDARD

Wien – 463,2 Millionen Euro hat der ORF von Jänner bis September mit Rundfunkgebühren eingenommen. Bis Jahresende soll die GIS insgesamt 630 Millionen liefern, bei rund einer Milliarde Euro Gesamtumsatz des ORF.

Der Finanzplan für 2018 erwartet rund 650 Millionen aus Gebühren – auch wenn mehr und mehr Haushalte nur noch streamen und so Rundfunkgebühr sparen. Es könnte der GIS-Höchststand der Rundfunkgeschichte werden – wenn es nach Überlegungen der FPÖ geht, die mit der ÖVP über eine Regierung verhandelt.

"ORF-Gebühren abschaffen"

FPÖ-Mediensprecher Herbert Kickl sah im Sommer im STANDARD "die Zeit für ein neues Modell der Gebührenverteilung reif". Grob so: "ORF-Gebühren abschaffen und nur mehr öffentlich-rechtliche Inhalte, egal welcher Sender diese ausstrahlt, subventionieren." Wortgleich zitiert ihn nun das Parteiblatt "Neue Freie Zeitung".

FPÖ-Medienverhandler Norbert Steger sagt der APA, die Blauen würden "keiner Lösung zustimmen, von der die Konsumenten nicht auch finanziell etwas haben". Die ÖVP sei wohl "dafür zu haben, dass es bei Nichteinhaltung von Kriterien – zentral dem öffentlich-rechtlichen Auftrag – weniger Geld gibt".

Zu Gebühren kursieren mehrere Denkmodelle: ÖVP-Mediensprecher Gernot Blümel hinterfragte früher Abgaben der Länder auf die Rundfunkgebühren – 140 Millionen Euro pro Jahr – und zumindest 180 Millionen öffentliche Stellen für Werbeschaltungen.

Die Regierungsverhandler arbeiten laut Menschen mit Einblick an Plänen für den Medienstandort, nicht allein für den ORF. Das deutet, auch nach Ankündigungen Blümels, auf ein Finanzierungs- und Förderkonzept für ORF und private Medien hin. Dazu passte auch die Ausschreibung zumindest eines Teils der Gebühren.

Gebühren ließen sich auch simpler senken mit GIS-Pflicht für Streamingseher und andere Nichtzahler – aufkommensneutral für den ORF. Durch mehr Zahler würde es pro Haushalt billiger.

Breite schwarze Mehrheit

Weit rascher als ein neues ORF-Gesetz (mit Enquete dazu 2018) kann eine neue Regierung das wichtigste ORF-Gremium umbesetzen, das über das Management, das Budget und das Programmschema bestimmt. Sobald angelobt, kann die Bundesregierung sechs ORF-Stiftungsräte der Parlamentsparteien entsenden – da erklärt die ÖVP zwei statt bisher einen (Grafik rechts). Auch neun Stiftungsräte der Regierung kann sie austauschen, da wandern wohl vier rote Mandate zur FPÖ.

Im April wird der ORF-Publikumsrat (großteils vom Kanzler) neu besetzt, der weitere sechs Stiftungsräte entsendet – bisher vier der SPÖ. Spätestens dann kommt die ÖVP im Stiftungsrat in die Nähe der Zweidrittelmehrheit.

Mit der ließen sich nicht nur Direktoren, sondern auch Generaldirektor Alexander Wrabetz ablösen. Mögliche Kandidaten, etwa ORF-1-Infochefin Lisa Totzauer gibt es. Doch Ablöse ist teuer: Die Direktoren sind bis Ende 2021 bestellt und müssten bis dahin ausbezahlt werden – pro Kopf 1,2 bis gut 1,6 Millionen Euro.

FPÖ-Mann Steger will den Stiftungsrat mit neuem ORF-Gesetz größtenteils nach Mandatszahl im Nationalrat beschicken, mit ein bis drei Ländervertretern im Rotationsprinzip. Das würde vor allem das Gewicht der ÖVP deutlich verringern und FPÖ wie SPÖ nützen.

In alter Besetzung tagen die Stiftungsräte kommende Woche. Das ORF-Budget für 2018 heben sie sich für Dezember auf, Schwerpunkt diesmal: Programm und Sport. Sportchef Hans Peter Trost soll nach dem Verlust von Champions League und Bundesliga live eine Sportshow mit Highlights etwa für Samstagabend überlegen.

Konkrete Reformpläne für ORF 1 hat Programmdirektorin Kathrin Zechner für die Sitzung angekündigt. Die Arbeitsgruppe dazu vertagte sich aber gerade auf Dezember – es geht, wie berichtet, etwa um eine prominent platzierte Infoshow für ORF 1. (fid, 15.11.2017)