Multiresistente Keime sind das Ergebnis einer unangemessenen oder übermäßigen Verwendung von Antibiotika.

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Wien – Multiresistente Keime entwickeln sich zu einer globalen Bedrohung für die menschliche Gesundheit. So schränken etwa multiresistente Stämme von Klebsiella pneumoniae, einem Erreger von potentiell tödlichen Lungenentzündungen und Blutvergiftungen, die Behandlungsoptionen für diese Infektionen erheblich ein – oder machen eine Behandlung sogar unmöglich.

Darüber sind sich Experten einig: Die unangemessene oder übermäßige Antibiotikaverwendung der vergangenen Jahrzehnte trieb die Entstehung und Verbreitung von multiresistenten mikrobiellen Pathogenen voran. Laut dem Europäischen Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten und der Europäischen Arzneimittelagentur sterben jährlich etwa 25.000 Menschen in der EU an Infektionen mit multiresistenten Bakterien. Weltweit sind resistente Bakterien für 700.000 Todesfälle pro Jahr verantwortlich.

Forscher der Universität Wien und MedUni Wien haben nun gemeinsam mit Kollegen der Queen's University Belfast herausgefunden, wie Immunzellen am Infektionsort kommunizieren und sich im Kampf gegen das Bakterium Klebsiella zusammenschließen.

Bakterienwachstum in Schach halten

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht in diesem Zusammenhang auch von sogenannten "Superbazillen". Das sind Bakterien, die aufgrund ihrer Resistenz gegen mehrere unterschiedliche Antibiotika die größte Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen. Unter diesen Superbazillen befindet sich auch Klebsiella, ein Bakterium, das schwere und oft tödliche Infektionen des Blutkreislaufs und der Lunge verursachen kann.

Klebsiella ist nicht nur gegen gängige Arten von Antibiotika resistent, sondern in großem Ausmaß auch gegen Carbapeneme – das "letzte" Mittel zur Behandlung schwerer nosokomialer Infektionen. Die Wiener Wissenschafter entdeckten nun, wie Immunzellen am Infektionsort kommunizieren und sich zusammenschließen, um Klebsiella während Lungenentzündungen auszurotten.

Konkret identifizierten die Forscher den Mechanismus, wie natürliche Killerzellen – wichtige Zellen des angeborenen Immunsystems – das Wachstum von Klebsiella während einer Lungenentzündung zügeln. Das Bakterium Klebsiella aktiviert kritische Regulatoren der Immunantwort, die Typ-I-Interferone (IFNs), die zwischen Makrophagen – den Immunzellen, die Mikroben aufnehmen und "fressen" – und natürlichen Killerzellen vermitteln.

Möglicher Therapieansatz

Typ-I-IFNs helfen demnach bei der Aktivierung von natürlichen Killerzellen, die wiederum Makrophagen erlauben, ihr antibakterielles Programm zu starten. "Typ-I-IFNs werden vom Immunsystem verwendet, um Botschaften zwischen Immunzellen zu transportieren und so eine perfekte Abwehr zu orchestrieren. Natürliche Killerzellen sind also die Dirigenten des Verteidigungsorchesters, während Makrophagen die Instrumente sind, die Bakterien töten", erklärt Masa Ivin, Erstautorin der Studie.

Die Untersuchung legt nahe, dass zukünftige Therapien von schweren Klebsiella-Infektionen auf das Immunsystem des Wirts abzielen könnten, anstatt auf den Erreger selbst. Möglicherweise können wir so die Entwicklung von neuen Therapien gegen multiresistente Keime vorantreiben, so die Hoffnung der Forscher. "Wenn Medikamente das Pathogen nicht mehr töten können, sollten wir dem Immunsystem dabei helfen, den Job zu übernehmen. In unserer aktuellen Studie identifizieren wir neue und machbare Wege, das Immunsystem im Kampf gegen Superbazillen zu unterstützen", sagt Studienleiter Pavel Kovarik. (red, 16.11.2017)