Resignation.

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Freude.

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Gratulation, Trost und Abschied.

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London – Riesenenttäuschung im Lager von Dominic Thiem: Der 24-jährige Weltranglisten-Vierte ist am Freitag nach schwacher Leistung bei den mit 8 Mio. Dollar dotierten ATP Finals in London ausgeschieden. Thiem hätte der erste Österreicher überhaupt im Masters-Einzel-Halbfinale werden können, doch er verlor das entscheidende Gruppenspiel gegen den Belgier David Goffin nach nur 71 Minuten mit 4:6, 1:6.

Thiem war nach gutem Start nur noch ein Schatten seiner selbst. Er verpasste damit auch die Gelegenheit, sich am Samstag im Halbfinale des Saison-Abschlussturniers mit Superstar Roger Federer zu messen. Das zweite Halbfinale bestreiten der Bulgare Grigor Dimitrow und der US-Amerikaner Jack Sock.

Satz eins nach 31 Minuten Geschichte

Dabei hatte Thiem gut begonnen und lag nach neun Minuten schon mit 3:0 in Führung. Doch die seit Wochen sehr wankelmütige Form des Niederösterreichers zeigte sich schon in den nächsten fünf Games: Thiem machte nur drei Punkte (!), gab u.a. seinen Aufschlag zu Null zum 3:2 und zu 15 zum 3:4 ab. Er schaffte dann noch ein Game zum 4:5, doch Goffin nutzte seinen ersten Satzball zum 6:4 nach 31 Minuten.

Danach musste Thiem am linken Knie behandelt werden, nachdem er sich selbst mit dem Schläger touchiert hatte. Beeinträchtigt schien er davon aber nicht. Thiem gelang danach zwar die 1:0-Führung, doch er musste gleich zum 1:2 wieder den Aufschlag abgeben und machte danach gar kein Game mehr.

Ursachenforschung

"Es gibt sicher einige Gründe dafür. Einer davon ist – die ganzen engen Matches, die ich verloren habe, haben sicher ein bisschen einen Knacks hinterlassen", erklärte Thiem am Freitagabend bei der Pressekonferenz in der O2-Arena. "Das ist sehr bitter, aber verlernt habe ich es sicher nicht." Das zeigte auch das Training, in dem er wesentlich stärker spielte. "Warum auch immer das so ist, ich muss und werde es rausfinden."

Seine Gefühlswelt ist nach seiner Saison, in der er als einziger Spieler neben Rafael Nadal bei allen vier Grand Slams in die zweite Turnierwoche gekommen ist, von Enttäuschung geprägt. "Ich fühle mich wirklich sehr bescheiden auf dem Platz. Es gehen einfach manche Dinge nicht, die ganz normal sein sollten. Es passieren Fehler, die unter jeder Kritik sind für einen Spieler wie mich. Das ist sehr, sehr frustrierend sogar." Zudem wisse er selbst am besten, wie gut er spielen könne. "Und wie es sich anfühlt, wenn ich gut spiele. Da bin ich zur Zeit sehr weit entfernt davon."

Thiem: "Alles schlecht"

Auf die Frage, ob es nur die engen Niederlagen sind, die ihn beunruhigen, meinte Thiem: "Mich beunruhigt alles zur Zeit, weil alles schlecht ist. Andererseits beunruhigt es mich wieder nicht, weil ich sehe, wie gut es eigentlich im Training geht."

Ausgelaugt nach insgesamt 27 Turniereinsätzen fühlt sich Thiem im Gegensatz zum Vorjahr ("da war ich wirklich kaputt") nicht. "Ich habe mich vor den ganzen Turnieren top gefühlt – auch hier. Deshalb ist es doppelt enttäuschend, dass dann teilweise solche Leistungen zustandekommen, weil es keinen offensichtlichen Grund dafür gibt."

200 ATP-Punkte und 324.526 Euro Preisgeld als Trost

Thiems Masters-Bilanz ist nach diesem Match durchwachsen: Einerseits ein eng verlorenes Auftaktspiel gegen Grigor Dimitrow sowie ein Drei-Satz-Sieg über den für den verletzten Superstar Rafael Nadal eingesprungenen Pablo Carreno Busta, andererseits eine fast hilflos wirkende Leistung in einem der wichtigsten Matches seiner Karriere. Thiem fährt mit einem Preisgeld von 382.000 Dollar (324.526,38 Euro) brutto sowie 200 ATP-Zählern nach Hause.

Ob Thiem das Jahr in den Top Five abschließt, entscheidet sich in den Semifinali bzw. im Finale: Sowohl Goffin als auch Sock könnten mit einem Turniersieg Thiem noch vom sonst fünften Platz verdrängen.

Thiem wird nun Urlaub machen und Anfang Dezember wieder auf Teneriffa seine mehrwöchige Saisonvorbereitung absolvieren.

Duell zwischen Freunden

Für Goffin hingegen, der nach einem knappen Drei-Satz-Sieg über Rafael Nadal gegen Dimitrow nur zwei Games gemacht hatte, geht die Saison noch weiter. "Es war ein bisschen schade, dass ich gegen Dominic um das Semifinale spielen musste", meinte Goffin, der mit dem Lichtenwörther gut befreundet ist. "Er ist so ein netter Kerl und es ist nie leicht gegen einen guten Freund zu spielen. Ich war von Beginn weg fokussiert und wusste, dass ich ruhig bleiben muss. Am Ende war ich wirklich nervös."

Goffin, der in einer Woche auch im Davis-Cup-Finale im Einsatz sein wird, ist nun der erste Belgier überhaupt in der Vorschlussrunde dieses Events. "Ich habe schon oft gegen Roger gespielt. Ich habe nichts zu verlieren, er spielt so gut, aber ich werde versuchen, mich zu steigern", meinte Goffin zum Spiel gegen Federer. (APA, 17.11.2017)