1. Gewiss nicht arm im Abgang

Wie werden wohl die Anleger auf den seit Sonntagabend offiziellen, vorzeitigen Abgang von ProSiebenSat1-Vorstandschef Thomas Ebeling reagieren, der sich nun schon ein Jahr vor Vertragsablauf Ende Februar 2018 verabschiedet? Einen vorläufigen Tiefststand hat der Kurs der ProSiebenSat1 Media SE vorigen Mittwoch erreicht. Da hatte DWDL.de das Protokoll einer Telefonkonferenz veröffentlicht, in der Ebeling sein Publikum auf die Frage nach der Streaming-Konkurrenz als "ein bisschen fettleibig, ein bisschen arm", und daher durchaus treu beschrieben hat.

Nur eine letzte Etappe in einer Talfahrt des lange gefeierten Managers. "Der TV-Werbemarkt ist schwierig – doch während RTL konstant solide Zahlen abliefert, rutscht ProSiebenSat1 immer tiefer in die Krise", schrieb das "Handelsblatt" vorigen Donnerstag. Ähnliche Befunde standen in allen großen deutschen Qualitätsblättern. Ideenmangel im Fernsehen wurde dem Konzern bescheinigt. Ebeling diversifizierte stark in ein breites Portfolio von Digitalbeteiligungen, darunter etwa Parship. Ein (Teil-)Verkauf ist nun Thema. Auf Ebelings Tauschgeschäfte TV-Werbezeit gegen Anteile an Startups – Media for Equity – hätten große Werbekunden verschnupft reagiert, schrieb zuletzt das "Handelsblatt".

Tiefpunkt am vorigen Mittwoch: die ProSieben-Aktie bis zum Stand am Freitag.
Foto: derStandard.at/Wirtschaft

Als möglichen Ebeling-Nachfolger handelte Medienkolumnist Kai-Hinrich Renner im "Hamburger Abendblatt" Fred Kogel, zuletzt Vorstandschef der börsenotierten Constantin Medien. Kogel war schon in den 1990ern Sat1-Chef – und holte damals Thomas Gottschalk und Harald Schmidt zum Sender. Andere Quellen rechneten indes mit einem Branchenfremden als nächstem ProSiebenSat1-Chef. Ebeling kam 2009 vom Pharmariesen Novartis als Vorstandschef zum Münchner TV-Konzern.

Auszuschließen ist, dass Ebeling sich ein bisschen arm wie sein Publikum vom Fernsehkonzern verabschiedet: Die Finanzinvestoren KKR und Permira dankten Konzernmanagement und Mitarbeitern 2014 mit knapp 77 Millionen Euro Prämie für ihren gelungenen Anteilsverkauf an ProSiebenSat1 über die Börse. Ebeling erhielt damals laut Geschäftsbericht 23,4 Millionen Euro extra. Über die Jahre dürften noch ein paar Millionen dazu gekommen sein.

Rechtsvorstand Conrad Albert bekam 2014 8,5 Millionen. Er rückt nun zum Vorstandsvize auf und soll die Führung vorübergehend übernehmen, wenn bis Ende Februar kein fixer Nachfolger gefunden ist.

Ebeling hat vor zehn Tagen den schon niedrigen Kurs der ProSiebenSat1-Aktie genützt, um noch 10.000 ProSiebenSat1-Aktien zum Kurs von 25,45 Euro (also für 254.500 Euro) zu kaufen. Viel wertvoller wurden die Aktien bis zu seiner offiziellen Rücktrittsankündigung am Sonntagabend nicht.

In Österreich gehört dem börsenotierten deutschen Fernsehkonzern die größte private Sendergruppe ProSiebenSat1Puls4, die erst im Frühjahr auch ATV und ATV 2 übernehmen konnte. Den Österreich-Ableger leitet seit bald zwei Jahrzehnten Markus Breitenecker (49), jedenfalls bis zum ATV-Kauf mit seltenen Renditen in Österreichs Medienbranche – 2016 etwa 29,5 Millionen Ergebnis bei 151 Millionen Euro Umsatz.

2. Der Red-Bull-Chef und sein Media House

Laut "Manager Magazin" sucht auch Red Bull schön langsam einen Chef und Nachfolger für den 73jährigen Gründer Dietrich Mateschitz, und die Entscheidung darüber liegt bei den thailändischen Mehrheitseigentümern – mehr dazu hier.

Von der Ausrichtung und Führung des Mutterkonzerns hängt naturgemäß auch jene der Tochter Red Bull Media House ab, der Dietrich Mateschitz besondere Aufmerksamkeit widmet – bis zu Programmentscheidungen von Servus TV.

Mateschitz' jüngste größere Mediengründung, das Rechercheportal "Addedum", hat Mateschitz ja über eine zum Start größtenteils von ihm persönlich dotierte Stiftung organisiert, außerhalb des Red Bull Media House.

3. ORF sucht erst einmal Kanalmanager

Beim größten Medienunternehmen des Landes geht es zwar immer (auch) um den Chef, vor allem nach Regierungswechseln, aber dafür braucht es erst einmal eine neue Regierung. Und dann ein neues ORF-Gesetz, das die Funktion des Alleingeschäftsführers wohl durch einen Vorstand ersetzt.

Bis dahin hat der amtierende ORF-General Alexander Wrabetz aber mehr als ein Dutzend gewichtige Führungsjobs zur passenden Vergabe bereitgelegt – vom Personalchef über eine Reihe von Hauptabteilungen bis zu Ö1-Chef, wenn Peter Klein in Pension geht.

Die lange angekündigen und auf nach der Nationalratswahl verschobenen Channel Manager für ORF 1 und ORF 2 samt Chefredakteuren könnten in diesen Tagen ausgeschrieben werden, sagen üblicherweise verlässliche Quellen auf dem Küniglberg. Zeitgerecht vor den Sitzungen des Stiftungsrats und seiner Ausschüsse am Montag, Mittwoch und Donnerstag dieser Woche. Themen dort: Der Finanzplan für 2018 (mehr dazu hier), Programmpläne vor allem für ORF 1 und das Bau- und Sanierungsprojekt ORF-Zentrum.

Am Dienstag tagt zum zweiten Mal offiziell die ÖVP-FPÖ-Regierungsverhandlerrunde zu Medienthemen. Diese Aussendung von FPÖ-Untergruppenmitglied von Hans-Jörg Jenewein zu "Im Zentrum" am Sonntag klingt ja schon recht viel versprechend – Motto: "'Im Zentrum' als Propagandaveranstaltung neomarxistischer Agitatoren!"

Die Untergruppe Medienverhandlungen erinnert mich aber auch daran, dass ich vom Editor's Dinner von "Profil" vor zehn Tagen noch ein Bild nachzutragen habe. ORF-General Alexander Wrabetz schaute bei dem Event in Ali Rahimis Palais Szechenyi nicht immer so grantig wie auf dem Pressebild der Verlagsgruppe News, das ich in der vorigen Wochenschau zeigte.

Die News-Gruppe stellte freundlicherweise auch das Gegenbeweisfoto (auch in "Profil" erschienen) zur Verfügung: Im Gespräch mit ÖVP-Chef Sebastian Kurz wirkt Wrabetz nicht so schlecht gelaunt.

ORF-Chef Alexander Wrabetz, ÖVP-Chef Sebastian Kurz: Beim Profil Editor's Dinner 2017 hielt Walter Wobrazek auch diesen kleinen Austausch fest.
Foto: Walter Wobrazek Profil/VGN

4. Copyright und digitale TV-Rechte in EU-Ausschüssen

Nach Brüssel schaut Österreichs Film-, Fernseh-, Radio- und Musikwirtschaft am Montag: Im Rechtsausschuss des EU-Parlaments wird der Entwurf für die sogenannte SatCab-Verordnung behandelt. Diese Verordnung COM(2016) 594 will im Prinzip die grenzüberschreitende Internetverbreitung von Fernseh- und Radiosendungen erleichtern, die schon in einem Mitgliedsland online verfügbar sind – wie auch Kabelnetze Programme aus anderen Staaten weiterverbreiten. Dafür sollen künftig nur die Urheber- und Schutzrechte im Ursprungsland relevant sein.

Der Fachverband Film- und Musikwirtschaft und sechs weitere Verbände haben Justizminister Wolfgang Brandstetter aufgerufen, hier wie Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland gegen generelle IP-Weiterverbreitung und Ursprungslandprinzip zu stimmen. Die geplanten Regelungen behinderten nationale und regionale Rechteverwertung zugunsten paneuropäischer Rechtekäufer, verteuerten die Nutzung für Endkunden insbesondere in kleinen Märkten und gefährdeten nationale Produktion sowie nationale und europäische Produktionsförderung – sagen die Branchenverbände. Dutzende Abänderungsanträge – auch solche im Sinne der Branchenverbände – liegen im Ausschuss.

Im EU-Parlamentsausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres wiederum geht es am Montag um COM(2016)0593, den Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt. Der Entwurf könnte nach bisherigem Stand Suchmaschinen und Web-Crawlern, Plagiatssoftwareanbietern und Big-Data-Anwendungen ihre Tätigkeit erschweren bis verunmöglichen – sagen Experten wie der Salzburger Plagiatsprüfer Stefan Weber.

5. Wo bleibt Peter Gnam?

Er war "das Phantom der 'Krone'" – so porträtierte etwa Elisabeth Horvath den langjährigen Innenpolitik-Redakteur und -Kolumnisten von Österreichs größtem Kleinformat 2008 im "Journalist", noch zu Lebzeiten des "Krone"-Gründers Hans Dichand. Phantom, weil er persönlich praktisch nie in Erscheinung trat. "Was, Sie gibt es wirklich?", wird Kanzler Bruno Kreisky zugeschrieben, als er Gnam doch einmal persönlich traf. Barbara Toth beschrieb Gnam im "Falter" 2007 als "Exekutor der Blattlinie, Pragmatiker und 'Mehrheitsschreiber", im Journalist wurde er "Dichands Exekutor".

Nun könnte am 4. Oktober 2017, elf Tage vor der Nationalratswahl, die letzte Ausgabe von Gnams Kolumne Politik inoffiziell erschienen sein. Jedenfalls "gleitet" er derzeit in die Pension, für langjährige "Krone"-Verhältnisse mit 76 Jahren beinahe eine Frühpension. Er schaut aber noch gelegentlich in der Redaktion vorbei. Bevor Sie fragen: Michael Jeannée ist 74.

Nur vielleicht die letzte Kolumne von "Krone"-Phantom Peter Gnam im Kleinformat.
Foto: Krone Faksimile

Gnams letzter "Krone"-Text dürfte die Kolumne von Anfang Oktober doch noch nicht gewesen sein: "Er wird uns weiterhin für Kolumnen oder Reportagen zur Verfügung stehen", heißt es auf Anfrage in der Muthgasse. (Harald Fidler, 20.11.2017)