Die Bestände des Grasfroschs sind im Bundesland Salzburg um 83 Prozent zurückgegangen

Martin Kyek

Salzburg – In letzter Zeit häuften sich Berichte über dramatische Rückgänge bei Tier- und Pflanzenarten. Vor wenigen Wochen erst sorgte eine Untersuchung über das Insektensterben in Deutschland auch über die Wissenschaftsseiten hinaus für einige Aufregung. Wenn es aber weniger Insekten gibt, dann müssen auch ihre Fressfeinde darunter leiden. Und genau das bestätigt nun eine Studie der Salzburger Herpetologen Martin Kyek, Peter Kaufmann und Robert Lindner (Haus der Natur in Salzburg).

Grundlage für die im Fachblatt "PLoS ONE" publizierte Untersuchung waren Daten aus einem vom Land Salzburg (Naturschutz und Straßenbau) mitgetragenen Citizen-Science-Projekt, die über einen Zeitraum von über 20 Jahren entlang von Amphibienschutz-Zäunen gesammelt wurden. Das Ergebnis der Studie ist ähnlich dramatisch wie der vor kurzem bekannt gewordene massive Einbruch bei Insektenpopulationen.

83 Prozent Rückgang

Zwar sind die Bestände der Erdkröte in den letzten beiden Jahrzehnten stabil geblieben, die des Grasfrosches sind jedoch um 83 Prozent zurückgegangen. Da es sich beim Grasfrosch um die am weitesten verbreitete Amphibienart Österreichs handelt, bedeutet dieser Schwund gleichzeitig einen massiven Verlust an Biomasse für die heimischen Ökosysteme.

Die Ursachen für diesen Rückgang sind zwar noch nicht vollständig geklärt, sicher erscheint jedoch der Zusammenhang mit dem ansteigenden Nutzungsdruck auf die Landschaft. Bodenversiegelung, Drainagierung, industrielle Landwirtschaft und Fischbesatz in Gewässern verändern die Lebensräume der Amphibien nachhaltig. Entsprechend ist auch der Amphibienrückgang in den alpinen Tallagen am stärksten. Hier findet derzeit eine Intensivierung der Landnutzung statt, wie dies im Flachland bereits in der Nachkriegszeit der Fall war.

Der Laubfrosch als Rarität

Besonders die Bestände des Grasfrosches sind durch diesen Lebensraumverlust extrem rückläufig. Andere Arten, wie etwa der Laubfrosch, sind großflächig zu Raritäten verkommen. Dieser Lebensraumverlust und der damit einhergehende massive Verlust an Organismen ist ein überregionales Phänomen, was auch durch den kürzlich nachgewiesenen Rückgang der Insekten in deutschen Schutzgebieten belegt ist.

"Wenn wir nicht gezielt gegensteuern und anfangen den Fröschen ihre Feuchtlebensräume zurück zu geben, ist die biologische Vielfalt und damit unsere eigene Lebensqualität in Gefahr", sagt Martin Kyek angesichts der dramatischen Zahlen. Für Robert Lindner sind die Ergebnisse der Studie Beleg dafür, dass die kürzlich von zahlreichen Wissenschaftern unterzeichnete "Warnung an die Menschheit" auch in Österreichs Aktualität hat.

Keine Insel der Seligen

"Österreich begreift sich immer noch als eine 'Insel der Seligen‘ in der von Politikern sogar die Verringerung europäischer Naturschutzstandards gefordert wird", sagt Lindner. "Die Wahrheit ist, dass wir uns auch hierzulande mehr anstrengen müssen, um nachfolgenden Generationen eine artenreiche, funktionierende und damit lebenswerte Umwelt zu hinterlassen." (tasch, 20.11.2017)