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Wien – Ob Burn-out, Depression oder andere psychische Erkrankungen: Nicht wenige Patienten werden nach einem Klinikaufenthalt sich selbst überlassen, weil für sie keine ambulante kassenfinanzierte Psychotherapie verfügbar ist, warnen Experten. Einer aktuelle Studie zufolge ist die ambulante Versorgung derzeit weiterhin "völlig unzureichend".

Die Forderung nach Psychotherapie auf Krankenschein für Alle bleibt unerfüllt. Patienten erhalten zwar meist schnell Psychopharmaka – 95 Prozent von ihrem Hausarzt – eine notwendige psychotherapeutische Begleitung erhalten aber nur die wenigsten. Landen sie nach Jahren im Spital, werden die Erfolge oft rasch zunichte gemacht, wenn keine adäquate Nachbetreuung erfolgt. So sind sie eine Weile völlig unterversorgt und müssen nach einer Weile wieder stationär aufgenommen werden, wie die Studienautoren – Friedrich Riffer, ärztlicher Direktor des Psychosomatischen Zentrum Eggenburg und Manuel Sprung, wissenschaftlicher Leiter des Psychosomatischen Zentrum Waldviertel – betonen.

Dieser "Drehtür-Effekt" ist nicht nur völlig ineffizient und teuer, für die Betroffenen sinken dauerhafte Heilungserfolge. Von Kosteneinsparung könne auch keine Rede sein – jedenfalls mittelfristig, erläutern die beiden Experten – und fordern nachdrücklich eine Umsetzung des mittlerweile über 25 Jahre alten Parlamentsbeschlusses zur Finanzierung der Psychotherapie ein.

Kostenfrage

Auch wenn neun von zehn bei der Entlassung eine Psychotherapie planen, können nur wenige rasch eine Anspruch nehmen, zeigen die aktuelle Daten. Die Studie zur "Psychotherapeutischen Versorgungslage in Österreich" wurde von Juli bis Oktober im Psychosomatischen Zentrum Eggenburg und der Rehaklinik Gars durchgeführt und vom Österreichischen Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP) unterstützt.

Ein Ergebnis der Befragung von 655 Patienten: Sechs von zehn Patienten konnten vor dem Aufenthalt keine kassenfinanzierte Psychotherapie in Anspruch nehmen. Privat können sich die Betroffenen die Behandlung oft schlicht nicht leisten: Bei jedem vierten Betroffenen lag das Nettohaushaltseinkommen unter 1.000 Euro monatlich. Bei vierzig Prozent komme nach wochenlanger erfolgreicher stationärer Behandlung zu einem "erzwungenen Therapieabbruch". Nicht selten deshalb, weil man sich die Behandlung schlicht nicht leisten kann – auch keine Aufzahlung. Dabei spart die öffentliche Hand langfristig keineswegs, liegen doch die Kosten einer stationären Behandlung in etwa bei jener einer ambulanten Psychotherapie über bis zu drei Jahre.

Es gebe ein Grundrecht gleicher Krankenbehandlung bei physischer wie psychischer Notwendigkeit. Im Fall von psychischen Erkrankungen sei es aber nicht gewährleistet, so die Experten. (APA, red, 23.11.2017)