Mandl: "Den Skifahrerinnen wurde immer mit Respekt gegenübergetreten."

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STANDARD: Nicola Werdenigg hat in der "ZiB 2" über einen sexuellen Übergriff berichtet, der 2005 passiert sein und von dem die Teamführung erfahren haben soll. Sie waren ÖSV-Damencheftrainer – was sagen Sie dazu?

Mandl: Ich kann mich gar nichts entsinnen. Es gab keinen Vorfall, keine Meldung, nichts. Wenn es etwas gegeben hat, hat man immer spontan reagiert. Ich war dreißig Jahre lang Trainer, davon gut zwanzig Jahre im Damenbereich. Ich war elf Jahre Damen-Cheftrainer beim ÖSV, fünf Jahre Damen-Cheftrainer in Norwegen. Den Skifahrerinnen wurde immer mit Respekt gegenübergetreten.

STANDARD: Das passt, mit Verlaub, nicht ganz zusammen. Worauf hat man reagiert, wenn es nicht das Geringste gegeben hat?

Mandl: Da habe ich keine Übergriffe, sondern Liebschaften gemeint. Einmal gab es eine zwischen einer Läuferin und einem Spartentrainer. Den haben wir dann aus dieser Trainingsgruppe entfernt, um Konflikte auszuschließen. Liebschaften, auch mit Serviceleuten, sind vorgekommen, die sind ja auch etwas ganz Schönes, ganz Natürliches. Aber eine Liebschaft ist weit weg von einem Übergriff.

STANDARD: Wie erklären Sie sich die Aussagen von Frau Werdenigg?

Mandl: Ich respektiere das. Wenn sie vierzig Jahre lang damit leben konnte, verstehe ich aber nicht, warum sie das jetzt ans Tageslicht bringen musste. Ich respektiere, dass es ihr hilft. Aber wenn sie keine Namen nennt, ist es eher eine sinnlose Sache, weil niemand die Gelegenheit hat zu handeln. Das ist auch etwas rücksichtslos.

STANDARD: Sie sind in Ihrer Jugend selbst Rennen gefahren, bis Sie im Alter von 19 eine Verletzung zum Aufhören zwang.

Mandl: Ich bin drei Jahre jünger als Frau Werdenigg, war in der Nachwuchsmannschaft, bin ab 1974 Rennfahrer gewesen. Auch aus der Zeit ist mir nichts von Übergriffen bekannt.

STANDARD: Keine Sportart ist auf Betreuer- und Funktionärsebene so männlich dominiert wie der Skisport. Ist das nicht ein Manko, das längst beseitigt gehörte?

Mandl: Das ist in anderen Sportarten wie im Turnen oder im Eiskunstlauf vielleicht umgekehrt.

STANDARD: Nicht wirklich.

Mandl: Dass es kaum Trainerinnen gibt, hat einfache Gründe. Die Arbeit am Hang ist für Frauen schwer bewältigbar. Man schleppt Bohrmaschinen und Stangen, die wiegen oft vierzig, fünfzig Kilo. Der Beruf ist sehr anstrengend.

STANDARD: Wie viele Trainerinnen gibt es auf Weltcup- oder Europacup-Ebene?

Mandl: Soweit ich weiß, ist Corina Stocker, die jetzt mit dem Ex-Rennläufer Christoph Nösig verheiratet ist, als Co-Trainerin des Damen-Europacupteams weltweit die einzige Betreuerin auf diesem Niveau.

STANDARD: Sie leiten nun die Ski Austria Academy, sind für die Trainerausbildung zuständig. Nimmt da der Frauenanteil zu?

Mandl: Es gibt schon einige Frauen, die die Ausbildung absolviert haben. Es gibt auch Trainerinnen bei Vereinen. Aber im Welt- oder Europacup ist die Anforderung höher. Trainer sind viel unterwegs und wenig zu Hause.

STANDARD: Das ÖSV-Präsidium umfasst acht Personen, die Präsidentenkonferenz 17 Personen. Da wie dort ist Roswitha Stadlober die einzige Frau. Kein Missstand?

Mandl: Es könnten schon mehr Frauen sein. Aber auch Funktionär ist ein harter Job, auch Funktionäre sind keine Bürohengste, sondern viel unterwegs. (Fritz Neumann, 23.11.2017)