Felicitas Thun-Hohenstein und Bundesminister Thomas Drozda vor dem Österreich-Pavillon in Venedig

Foto: apa / daniele nalesso

Wien – Eine so frühe Bestellung für die Kunstbiennale Venedig gab es noch nie. Und dennoch ist die Ernennung von Kuratorin und Akademie-Professorin Felicitas Thun-Hohenstein (53) zur Kuratorin des Österreich-Pavillons 2019 nicht ein den fortschreitenden Koalitionsverhandlungen geschuldetes "Noch schnell in trockene Tücher"-Bringen von Bundesminister Thomas Drozda (SPÖ). So man hört, sei die Personalie sogar mit Noch-Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) akkordiert. Vielmehr gab es am Samstag, dem vorletzten Tag der 53. Biennale, eine Art Schlüsselübergabe von Christa Steinle an Thun-Hohenstein. Und um möglichen, aus dem Nebel der Lagune auftauchenden Gerüchten vorzubeugen, machte man die Entscheidung auch öffentlich.

Neben mehr Budget (nun 450.000 statt 400.000 Euro), wird auch die Struktur professionalisiert. Künftig soll ein Biennale-Büro in der Kunst- und Kultursektion die Kontinuität der Organisation sicherstellen. Thun-Hohenstein ist damit zwar nicht mehr Kommissärin, sondern Kuratorin, freut sich aber, sich so noch mehr den Inhalten widmen zu können.

War es das kuratorische Paket "Brigitte Kowanz / Erwin Wurm", das Drozdas Amtsvorgänger Josef Ostermayer von Steinle überzeugt hatte, ist es nun die klare Ansage Thun-Hohensteins, definitiv erstmals eine Frau zur alleinigen Bespielung des Pavillons einzuladen. Überdies will sie einen weiteren Palazzo in Venedig mit österreichischer Gegenwartskunst bespielen. Schon im März will sie die Biennale mit einem diskursiven Format an der Akademie der bildenden Künste einläuten.

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Standard: Frau Thun-Hohenstein, Sie sagten gerade, es sei ihr "Traumprojekt". Wie ist das gemeint? Im Hinblick auf das Ausstellungsprojekt, das sie dort verwirklichen möchten, oder die Bestellung an sich?

Thun-Hohenstein: Das Kuratieren des Österreich-Pavillons. Ich hoffe, die Ausstellung wird dann auch zu einem Traumprojekt. Wichtig ist mir, dass meine Haltung sehr klar ist. Ich will was!

Standard: Hat es Sie geärgert, dass Brigitte Kowanz zuletzt gemeinsam mit Erwin Wurm nominiert wurde?

Thun-Hohenstein: Hier geht es nicht um einen Einzelfall. Das ist eine Diskussion, die schon über viele Jahre geführt wird. Man muss sich das vorstellen, dass die tollsten österreichischen Künstlerinnen – etwa Dorit Margreiter, Elke Krystufek, Constanze Ruhm, Maria Lassnig, Valie Export, Brigitte Kowanz – immer nur innerhalb von Gruppenausstellungen präsent waren. Und die hat nie diese Nachhaltigkeit für das Werk der Künstler und Künstlerinnen, wie eine Einzelausstellung.

Das Selbstverständnis ist bei Männern ein ganz anderes: Da gibt es Solopräsentationen. Aber es gibt viele Kuratorinnen, die dieses Manko mit Nachdruck artikuliert haben. Daher bin ich jetzt froh, dass es soweit gekommen ist und ich nun diese Setzung machen kann.

Standard: Sie sind ja nun Kuratorin statt Kommissärin. Stört das und was bedeutet das?

Thun-Hohenstein: Ich bin darüber nicht unglücklich. Die Kuratorin zeichnet sich verantwortlich für den Inhalt und freilich das Gesamtpaket, aber es steht ihr jetzt eine Organisationseinheit zur Seite. Es ist eine gute Entwicklung, die mir ermöglicht mich noch mehr auf den Inhalt zu konzentrieren.

Standard: Mit Kerstin von Gabain und Toni Schmale bekommen nun in der Woche ihrer Bestellung zwei Künstlerinnen, die Sie begleitet haben und die etwa in einer ihrer letzten Ausstellungen "Pro(s)thesis" an der Akademie dabei waren, zwei wichtige österreichische Kunstpreise (Kardinal-König- und Otto-Mauer-Preis). Wie fühlt sich das an?

Thun-Hohenstein: "Ich freu mich wahnsinnig. Immer wenn Frauen wachsen, freue ich mich, weil dann alles wächst. Ich habe das Privileg, dass ich an der Akademie der bildenden Künste schon mehrere Generationen von Künstlerinnen beim Wachsen beobachten konnte.

Standard: Was darf man sich unter der Veranstaltungsreihe zur Biennale vorstellen, die im März beginnt?

Thun-Hohenstein: Eine Revision der Ausstellungsformate einer Biennale, die etwa danach fragt, was solche Formate heute können, in welchem Verhältnis sie zur Gesellschaft stehen, welche Funktionen sie haben, welche Vermittlungsformate es braucht. Die Biennale poppt so auf und ist dann schnell wieder vorbei. Es bleibt recht wenig. Daher will ich auf diesem Weg dorthin über Diskussionen und Think Tanks einen Baustein zu einem weiteren Diskursfeld schaffen. (Anne Katrin Feßler/ 26.11.2017)