Papst Franziskus traf am Dienstag mit Myanmars De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi zusammen und sprach in seiner Rede nicht direkt die Verfolgung der muslimischen Rohingya-Minderheit an.

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Naypyidaw/Vatikanstadt – Papst Franziskus hat bei seinem Besuch in Myanmar am Dienstag das Land zu Gerechtigkeit und Achtung der Menschenrechte und "jeder Volksgruppe" aufgefordert. Allerdings ging er bei einem Treffen mit der Regierungschefin Aung San Suu Kyi nicht direkt auf die Verfolgung der muslimischen Rohingya-Minderheit ein.

"Tatsächlich kann der mühevolle Prozess des Friedensaufbaus und der nationalen Versöhnung nur durch den Einsatz für die Gerechtigkeit und die Achtung der Menschenrechte vorankommen", sagte der Papst in der Hauptstadt Naypyidaw. Das Land habe eine "Verpflichtung, diese Grundprinzipien zu wahren".

Mehr als 620.000 geflohen

Hunderttausende Rohingya sind aus Angst vor brutaler Verfolgung durch das Militär aus dem Teilstaat Rakhine nach Bangladesch geflüchtet, allein in den vergangenen drei Monaten waren es mehr als 620.000. Die Vereinten Nationen sprechen von "ethnischer Säuberung". Suu Kyi wird international kritisiert, weil sie sich nicht gegen die Gewalt einsetze.

STANDARD-Erklärvideo zur Flucht der Rohingya.
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Alle Menschen in Myanmar hätten ein Recht auf menschenwürdige Behandlung, erklärte der Papst. Dabei benutzte er nicht das Wort "Rohingya", wie ihm das die katholische Kirche vor Ort – Yangons Erzbischof Charles Bo – geraten hatte, weil dadurch neue Gewalt entstehen könne. Es dürfe jedoch niemand ausgeschlossen werden, wenn es um die Menschenwürde gehe.

"Achtung jeder ethnischen Gruppe"

"Die Zukunft Myanmars muss der Friede sein – ein Friede, der sich auf die Achtung der Würde und der Rechte eines jeden Mitglieds der Gesellschaft gründet, auf die Achtung jeder ethnischen Gruppe und ihrer Identität, auf die Achtung des Rechtsstaats und einer demokratischen Ordnung, die es dem Einzelnen und jeder Gruppe – niemand ausgeschlossen – erlaubt, seinen legitimen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten", so der Papst.

Suu Kyi sprach in ihrer Rede die "Herausforderungen, vor denen unsere Regierung steht", an. "Die Lage in Rakhine hat die Aufmerksamkeit der Welt am meisten auf sich gezogen." Die Unterstützung von "unseren guten Freunden" sei "unschätzbar" wichtig für das Land beim Aufbau des Friedens. Ihre Regierung bemühe sich darum, die Rechte aller Menschen in Myanmar zu schützen. Ihr Ziel sei auch, zur Schaffung von Frieden Toleranz zu fördern und Sicherheit für alle zu gewährleisten. Auch Suu Kyi nannte die Rohingya nicht beim Namen.

Kritik an Suu Kyi

Die 72-Jährige wurde einst als Friedenskämpferin verehrte, weil sie sich gegen die jahrzehntelange Militärherrschaft in ihrem Land zur Wehr setzte. Mittlerweile ist wenig von diesem Glanz geblieben. Es gab auch schon Forderungen, ihr den Friedensnobelpreis abzuerkennen. Die britische Universitätsstadt Oxford, wo Suu Kyi einst lebte, hat ihr wegen der Rohingya-Krise ebenfalls eine Auszeichnung aberkannt.

Die Rohingya werden im mehrheitlich buddhistischen Myanmar seit Jahrzehnten systematisch unterdrückt. Ende August war der Konflikt eskaliert, als Rohingya-Rebellen Soldaten und Polizisten angriffen und dutzende Sicherheitskräfte töteten. Das Militär reagierte mit brutaler Gewalt, seither wurden hunderte Rohingya getötet, rund 620.000 sind ins verarmte Nachbarland Bangladesch geflohen. (APA, red, 28.11.2017)