Wie weit wird die Digitalisierung Hochschulen – das Lernen, Lehren und die Gebäude – in Zukunft noch verändern? Drohen Geister-Unis als Schreckensgespenst? Das Motto der dritten und letzten Standpunkte -Diskussion in der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) zeigte jedenfalls gleich eine Kontroverse auf: Haben Bibliotheken und Hörsäle bald ausgedient?
Aus Sicht Studierender,...
Thomas Uher, jahrelang Vorstand der Erste Bank und nun als solcher bei der Volksbank, konnte die Frage aus studentischer Sicht beantworten – er absolvierte unlängst ein Sabbatical und studierte an der Uni Wien ein Jahr lang Geschichte: "Technische Möglichkeiten gibt es ausreichend, aber sie werden oft nicht genützt. Was ich vermisst habe, sind Kollaborationsräume, wo sich Studierende vor Referaten oder Prüfungen noch mal absprechen können", sagt Uher, der an der WU Wien Uni-Rat ist.
Dass solche Räume gerade an einer digitalen Uni an Relevanz gewinnen, davon ist auch Andreas Bierwirth, Geschäftsführer von T-Mobile, überzeugt. "Die Qualität der Lehre wird vor allem durch den Diskurs entstehen. Agile Formen der Zusammenarbeit, kleine Gruppen – all das kommt." Was Bibliotheken angeht, ist Bierwirth skeptisch: "Irgendwann werden alle Inhalte digitalisiert sein, dann wird der Besuch zweckbefreit." Allerdings wolle er nicht derjenige sein, der sagt, alles werde digital, und niemand gehe mehr an die Uni. "Wir sollten nicht glauben zu wissen, wie Hochschulen in 20 Jahren aussehen."
Das sorgt beim Gastgeber, BIG-Geschäftsführer Hans-Peter Weiss, teilweise für ein Dilemma: Einerseits lange Planungszeiträume beim Bau von Hochschulen, andererseits sollen aber digitale Trends in den Gebäuden abgebildet werden. "Natürlich ist eine Uni viel mehr als ein Gebäude. Aber sie definieren sich sehr stark darüber – es ist das Erste, was man auf den Websites der Unis sieht." Flexibilität laute da das Zauberwort. Nachdem es sehr lange eine "innovationsfreie Zone" gewesen sei, würde sich nun aber recht viel tun – von der WLAN-Ausstattung bis zur Gebäudetechnik oder den Raumgrößen sei in der modernen Produktion viel zu beachten.
... und Lehrender
Da hakt Wilfried Eichlseder, Rektor der Montan-Uni Leoben, ein. An seiner Hochschule spielen vor allem im ersten Jahr Videoübertragungen eine große Rolle, weil das erste Jahr für alle Studienrichtungen gleich aussieht und es deswegen Platzprobleme gibt. Dennoch glaube er auch für die Zukunft an Präsenz, "weil wir das als soziale Wesen schlichtweg brauchen".
Weil Lernen nun mal etwas Soziales ist, habe sich E-Learning auch nie so wirklich durchgesetzt, wie prophezeit wurde, sagt Christoph Meinel vom Hasso-Plattner-Institut der Universität Potsdam. Autodidakten seien nämlich die Ausnahme. Beträchtliche Teilnehmerzahlen haben Massive Open Online Courses (Moocs) auf der ganzen Welt natürlich dennoch: "Bei unserem Angebot haben wir 450.000 Lerner – pro Kurs sind es etwa 10.000 Teilnehmer." Dass den Hochschulen irgendwann die Leute ausgehen, glaubt Meinel nicht. Moocs würden vielfach als Zusatzqualifikation gesehen, aber ganze Studienrichtungen würden nicht ersetzt werden. (lhag, 28.11.2017)