Bei kleinen Kindern kommen die kleinen Atemwege sehr schnell an ihre Grenzen. Dadurch erhöht sich das Risiko, dass sie ersticken.

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Lungenfacharzt Flick empfiehlt die Impfung gegen Keuchhusten auch Schwangeren.

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STANDARD: Experten warnen wieder zunehmend vor Keuchhusten. Die Risiken werden unterschätzt, heißt es. Wie gefährlich ist die Krankheit tatsächlich?

Flick: Sie ist vor allem für Kleinkinder vom ersten bis zum dritten Lebensjahr eine Bedrohung. Zwar tritt Pertussis heute am häufigsten bei Erwachsenen auf, aber da sehen wir keine Todesfälle mehr. Bei kleinen Kindern jedoch kommen die kleinen Atemwege sehr schnell an ihre Grenzen und gehen dicht. Sie ersticken. Der letzte tödliche Fall, den wir hier in Graz hatten, war ein drei Monate alter Säugling. Babys haben auch noch keinen immunologischen Schutz.

STANDARD: Wie können Eltern die Krankheit möglichst früh erkennen?

Flick: Das ist ganz schwer. Die Infektion fängt an wie eine normale Erkältung, mit Schnupfen und Husten. Das kommt bei Kindern im ersten Lebensjahr bekanntlich sehr häufig vor. Wenn sich der Zustand allerdings schnell verschlechtert und das Kind vielleicht sogar blaue Lippen bekommt, muss es schnellstens zum Arzt.

STANDARD: Wohin?

Flick: In die Notaufnahme. Dort sollte als erstes die Sauerstoffsättigung des Blutes überprüft werden. Ärzte müssen bei Atemwegserkrankungen mit schweren Symptomen immer die Möglichkeit einer Pertussis-Infektion in Betracht ziehen.

STANDARD: Wie hat sich das Auftreten von Keuchhusten in Österreich in den vergangenen Jahren entwickelt?

Flick: Die Häufigkeit hat in den letzten zehn, fünfzehn Jahren zugenommen, vor allem bei Erwachsenen. Eine richtige Epidemie ist das aber nicht. Die Meldezahlen sind allerdings von Bundesland zu Bundesland sehr verschieden. Aus Wien zum Beispiel kommen nur sehr wenige Meldungen. So mancher Fall wird wahrscheinlich gar nicht erfasst.

STANDARD: Was sind die Ursachen für die Zunahme?

Flick: Dazu gibt es mehrere Hypothesen. Zum einen lassen sich die meisten Erwachsenen oft nicht mehr nachimpfen, wodurch der Erreger in diesem Teil der Bevölkerung zirkulieren kann. Das ist ein Problem. Eltern können, ohne es zu wissen, Träger sein und ihr Kind infizieren. Die Impfstoffe selbst sind womöglich auch nicht mehr optimal, und vielleicht werden dank der modernen PCR-Diagnostik auch einfach mehr Pertussis-Infektionen richtig erkannt. Dieses auf DNA-Analyse basierende Verfahren wird zunehmend routinemäßig eingesetzt und könnte so dazu beitragen, die Dunkelziffer zu verringern.

STANDARD: In diversen Industriestaaten werden Schwangere im zweiten oder dritten Trimester dazu angehalten, ihren Pertussis-Impfschutz zu erneuern. Ist das sinnvoll?

Flick: Diese Auffrischungen werden laut aktuellem Impfplan auch in Österreich allen Schwangeren, deren letzte Schutzimpfung mehr als zwei Jahre zurückliegt, ab dem zweiten Trimester empfohlen. Die Krankenkassen zahlen diese Leistungen allerdings leider nicht. (Kurt de Swaaf, 29.11.2017)