Der Buchtitel beschreibt nicht nur eines der bestimmenden Themen des vergangenen Wahlkampfs und der laufenden Koalitionsverhandlungen, sondern trifft auch gleich unumwunden die wesentlichste Fragestellung der letzten Jahre: Gehört der Islam zu Österreich? Termini wie Migration, Integration, Integrationsverweigerung, Radikalisierung und Terrorismusgefahr dominieren die öffentliche Diskussion, wenn über "die islamische Community in Österreich" debattiert wird. Abseits der Menschenrechtskonvention ist vom Asylantragsteller bis zum Wirtschaftsflüchtling, sowohl an den Stammtischen der Heimat großer Töchter, Söhne als auch in weiten Teilen Europas sowie im Medienuniversum, vor allem am Krawallboulevard, ein ganz schmaler Grat. Richtung Abgrund. Und Richtung Abgründigkeit.

Höchste Zeit für einen differenzierten Blick, dachten sich Rainer Nowak, Erich Kocina und weitere Redakteurinnen und Redakteure der Tageszeitung Die Presse. In ihrem Buch, einer Art Sammelband aus Reportagen, Interviews, Analysen, historischen Abrissen und kritischen Blicken in die Zukunft beleuchten sie die Rolle, die Muslime heute in Österreich spielen. Thematisiert werden Erziehung und Bildung, die Rolle des Mannes, die Stellung der Frau, die Omnipräsenz und / oder Absenz von Religion, Predigern, Lehrern bis hin zu Einflüssen in Politik, Kultur und Wirtschaft. Das Ergebnis zeitigt oft überraschende Erkenntnisse über die territoriale und herkunftsbedingte Vielfalt, die Darstellung von Traditionen sowie eine äußerst umfassende Analyse, wo es beim Zusammenleben hakt und wo es bereits ein konstruktives Miteinander gibt.

"Wahlkampf ist Zeit fokussierter Unintelligenz", lautet ein berühmtes Zitat von Wiens Bürgermeister Michael Häupl aus dem Jahr 2005. Dass sich an der Gültigkeit dieses im Land der Hemmer zukunftsreich, Land der Bremser einfallsreich zur obersten Maxime erhobenen Satzes nicht allzu viel geändert hat, bewiesen die letzten Wochen hinlänglich. Häupl resümierte damals: "Da passieren halt gelegentlich Dinge, die nicht gescheit sind – leider auch in der eigenen Partei." Aber er wolle "gar nicht raunzen".

Klar wird in der gesellschaftlich relevanten Debatte, die von politischen Akteuren aller Couleurs mit viel Aufregung geführt und eher auf Emotion als auf Ratio aufbaut, dass das Wesentlichste, bei aller Diversität, im Zusammenleben stets Respekt ist. Vonseiten aller Beteiligten. (Gregor Auenhammer, 30.11.2017)