Eine Beethoven-Büste, zu sehen im Beethoven-Haus.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

Wien – "War Beethoven hier?", fragt eine Fotomontage, die den Komponisten im Hof des sogenannten Testament-Hauses in der Probusgasse 6 im 19. Wiener Bezirk zeigt, wo das neue Beethoven-Museum eben eröffnet wurde. Genau das – dass er hier war – wird dann freilich durchwegs suggeriert. Und es geschieht atmosphärisch so dicht und eindrucksvoll, dass man es tatsächlich gerne glauben möchte.

Allein: Der Sommeraufenthalt des Jahres 1802 in Heiligenstadt gilt zwar als gesichert, doch das malerische biedermeierliche Haus mit den Innenhofstiegen und dem idyllischen Gärtchen selbst wurde erst 1807 nach einem Großbrand neu errichtet – und darüber hinaus könnte die Adresse (nach Forschungen des Architekturhistorikers Walther Brauneis) auch eine andere in der Nähe des Heiligenstädter Kurbades gewesen sein, wo Beethoven seine angeschlagene Gesundheit bessern wollte.

Schwerhörigkeit, Geldnot, Sehnsucht

Seine Schwerhörigkeit äußerte sich damals schon drückend. Zusammen mit Geldnöten, hoher Arbeitsbelastung und ungestillter Sehnsucht nach Liebe führte das zu jener Krise, die sich im "Heiligenstädter Testament" drastisch äußerte. Selbstverständlich steht das Dokument im Mittelpunkt des aufwendig neu gestalteten Standorts des Wien-Museums, der für Direktor Matti Bunzl ein "Erlebnisparcours" ist.

Das Konzept ist durchaus innovativ: Sechs auf zwei Geschoße verteilte Stationen kreisen um die Themen "ankommen", "erholen", "komponieren", "verdienen", "aufführen" und "vermachen". Sie rücken also gemäß einer kulturwissenschaftlich aktuellen Perspektive das Handeln in den Vordergrund. Dafür wird bis in die Zeit von Beethovens Ankunft in Wien 1792 zurückgeblendet, seine Beziehung zur Natur episodisch als auch kompositorisch beleuchtet, der Schaffensprozess anhand von Skizzen und einem Modell jenes Schreibtischs anschaulich gemacht, in dem das "Heiligenstädter Testament" aufgefunden wurde.

Schließlich wird auch sein selbstbewusstes Finanzgebaren aufgezeigt und ein Blick auf Krankheit und Tod, aber ebenso auf die Wirkung des Komponisten auf die Nachwelt geworfen. Die spektakulärste Station widmet sich in Form eines großen Modells einem prominenten Aufführungsraum, dem Eroica-Saal im Palais Lobkowitz. Der BBC-Film Beethoven's Eroica (2003) mit einer Interpretation der Symphonie von John Eliot Gardiner vermittelt die Sprengkraft, die das Werk für die Zeitgenossen gehabt haben muss.

Unkonventionelle Objekte

Insgesamt gelingt dem neuen Museum der Spagat zwischen Wissenschaftlichkeit und illustrativer Anschaulichkeit mit einer Reihe unkonventioneller Objekte gut. Exzellent ist es geglückt, die Aura der Zeit und den kulturhistorischen Kontext einzufangen, die zahlreichen (überwiegend reproduzierten) Dokumente in die Erzählung ebenso einzubinden wie die Bildebene und die sehr präsenten, interaktiven Musikstationen. Das macht das Museum zu einem idealen Ort für Interessierte gleich welchen Wissensstands.

Eine schöne Ergänzung dazu bildet das Buch Utopische Visionen und visionäre Kunst (Verlag der Apfel, € 38,50 / 205 Seiten), welches eine Tagung vom März 2017 zusammenfasst und auch das Museumskonzept näher beschreibt – auch das ist eine Empfehlung wert. (daen, 30.11.2017)