Wer sich sein Eigenheim mit einem Schweizer-Franken-Kredit finanziert und eine Lebensversicherung als Tilgungsträger hat, könnte das Darlehen möglicherweise rückabwickeln – und sich damit Geld ersparen.

Foto: Elmar Gubisch

Wien – Die Entscheidung war brisant: Anfang September 2015 sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass Versicherungsnehmern wegen einer fehlerhaften Belehrung über die Dauer der Rücktrittsfrist ein unbefristetes Rücktrittsrecht bezüglich ihres Vertrags zusteht. Hintergrund der Entscheidung 7 Ob 107/15h war der Umstand, dass sich der österreichische Gesetzgeber bei der Richtlinienumsetzung für eine zulässige 30-tägige Rücktrittsfrist entschieden hatte, Versicherungen allerdings – fehlerhaft – nur über eine 14-tägige Rücktrittsfrist belehrt haben.

Eine kurz vor der Nationalratswahl diskutierte Neuregelung, die es verhindert hätte, dass Kunden trotz fehlerhafter Belehrung den "Spätrücktritt" vom Versicherungsvertrag erklären, wurde nach medialem Aufruhr vorerst fallengelassen.

Ein Rücktritt ist für viele Versicherungsnehmer attraktiv, weil die Versicherung bei der Rückabwicklung neben den Prämien auch die gesetzliche Verzinsung von vier Prozent im Jahr refundieren muss; derart hohe Zinsen waren in den letzten Jahren nicht zu erwirtschaften. Durch einen Rücktritt kann der Versicherungsnehmer daher oftmals mehr ausgezahlt bekommen, als er selbst unter Berücksichtigung einer Gewinnbeteiligung "angespart" hat.

Lebensversicherungen als Tilgungsträger

Das Ganze kann allerdings weitere Folgen haben: Viele Lebensversicherungen wurden als Sicherheit für einen endfälligen Fremdwährungskredit abgeschlossen – etwa für einen Immobilienerwerb oder den Bau eines Eigenheims – und fungieren als Tilgungsträger. Es stellt sich daher auch die Frage, ob und in welcher Form sich der Rücktritt von der Lebensversicherung auf den Fremdwährungskredit auswirkt.

Die Rechtsordnung kennt für Verbraucher die Möglichkeit, die Befriedigung des Kreditgebers zu verweigern, wenn der Kreditvertrag der Finanzierung eines Vertrags über die Lieferung bestimmter Waren oder die Erbringung bestimmter Dienstleistungen dient und mit dem finanzierten Vertrag eine wirtschaftliche Einheit bildet – der sogenannte Einwendungsdurchgriff.

Tritt der Verbraucher von diesem Vertrag zurück, gilt der Rücktritt auch für einen damit verbundenen Kreditvertrag. Eine direkte Anwendung dieser Regelung auf die Fremdwährungskredite ist zwar aufgrund der unterschiedlichen Sachlage nicht möglich, insbesondere von Verbraucherschützern wird aber eine analoge Anwendung gefordert.

Wechselkursverluste

Zu beachten ist hier, dass – ebenso wie bei der Lebensversicherung – ein Rücktritt vom Kreditvertrag zur Rückabwicklung führt: Der Kreditnehmer muss dem Kreditgeber den Kreditbetrag zuzüglich der gesetzlichen Verzugszinsen von vier Prozent im Jahr zurückzahlen.

Ob dies für den Kreditnehmer wirtschaftlich günstiger ist, als am Vertrag festzuhalten, wird einerseits vom bezahlten Kreditzins abhängen, andererseits davon, ob der Kreditnehmer den Kreditbetrag in Euro oder in der Fremdwährung schuldet. Bei Schweizer-Franken-Krediten etwa könnte er sich auf diese Weise unter Umständen des Wechselkursrisikos bzw. bereits aufgelaufener Wechselkursverluste entledigen.

Dabei stellt sich auch die Frage, ob Fremdwährungskredit und Versicherungsvertrag tatsächlich eine "wirtschaftliche Einheit" bilden und der Kunde gegenüber dem Finanzierer weiter verpflichtet bleibt, auch wenn das finanzierte Geschäft nicht ordnungsgemäß abgewickelt werden kann.

In einer aktuellen Entscheidung hat der OGH ausgesprochen, dass ungeachtet der wirtschaftlichen Einheit zwischen finanziertem Geschäft und Kreditgeschäft bei Finanzierung von Spekulationsgeschäften ein Einwendungsdurchgriff nicht in Betracht kommt – weder unter dem Gesichtspunkt analoger Anwendung noch wegen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (OGH 28. 3. 2017, 4 Ob 37/17w).

Wer Kapital investieren will, dürfe nicht erwarten, dass der Nichteintritt seiner geschäftlichen Erwartungen auf den Finanzierer überwälzt wird. Diskutieren lässt sich zudem, ob der Versicherungsvertrag tatsächlich das finanzierte Geschäft ist (oder es nicht umgekehrt zu sehen ist).

Zur Zulässigkeit des Einwendungsdurchgriffs bei Fremdwährungskrediten mit Lebensversicherungen als Tilgungsträger und zu den Modalitäten der Rückabwicklung liegt – soweit erkennbar – hingegen noch keine Judikatur des OGH vor; allerdings sind bereits Verfahren dazu bei den Gerichten anhängig – es bleibt also spannend. (Erland Pirker, Clemens Irrgeher, 4.12.2017)