Haselsteiner: "So kann man repräsentative Demokratie aushebeln."

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Busek: "Das ist ein Spiel mit dem Feuer."

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Wien – Wegen seiner drastischen Anti-Öxit-Kampagne, die sich gegen den blauen Bundespräsidentenanwärter Norbert Hofer richtete, im Vorjahr mitunter belächelt, sieht sich der Industrielle Hans Peter Haselsteiner seit Sonntag klar bestätigt. "Die FPÖ ist eine europafeindliche Partei", konstatiert der frühere Strabag-Boss im STANDARD-Gespräch – und die Union sei ihr "im Weg", um "einen Nationalstaat" zu errichten, in dem die Freiheitlichen dann nach Belieben "herumfuhrwerken" können – wie etwa in Ungarn Ministerpräsident Viktor Orbán.

Wie berichtet herrscht zwischen den Koalitionsverhandlern von ÖVP und FPÖ Dissens beim geplanten Ausbau der direkten Demokratie. Parallel dazu bekunden nun seit Tagen Blaue, dass hierzulande auch eine Volksabstimmung über einen EU-Austritt "möglich gemacht" werden müsse.

Klare Worte

Zuerst formulierte dieses Begehren Reinhard-Eugen Bösch, eigentlich Verhandler zum Unterkapitel "Landesverteidigung", bei einem Besuch in der Schweiz. Am Sonntagabend erklärte auch Petra Steger, bei den Regierungsgesprächen in der Untergruppe "Sport" vertreten, in der ORF-Diskussionssendung Im Zentrum, dass es im Zuge der aufgewerteten Plebiszite keine Tabus geben solle.

Konkret drängt die FPÖ darauf, dass Volksbegehren mit mehr als vier Prozent Zustimmung künftig bindende Volksabstimmungen nach sich ziehen sollen. Dazu Haselsteiner, einst beim LIF, jetzt Gönner der Neos: "Mit solchen Instrumenten kann man wunderbar die repräsentative Demokratie aushebeln" – und genau das würden auch Europas andere Rechtsaußen-Parteien von Marine Le Pen & Co. anstreben. In Großbritannien habe man mit dem Brexit-Votum schon gesehen, "was dann alles passieren kann".

Nicht in die Schublade

Zur Erinnerung: Schon während des Bundespräsidentschaftswahlkampfes 2016 warnte der 73-Jährige mit eindringlichen Inseraten vor den Konsequenzen eines Öxit: "Kommt Hofer. Kommt Öxit. Kommt Arbeitslosigkeit", war auf den Sujets etwa zu lesen – oder auch "kommt Pleitewelle". FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl wetterte damals gegen die "substanzlose Angstkampagne" von Haselsteiner – tatsächlich hatte Hofer im Juli frühere Aussagen revidiert, wonach unter bestimmten Konditionen auch hierzulande ein Austrittsreferendum fällig wäre.

Zu den Ausführungen von Bösch und Steger haben die FPÖ-Spitzen bisher nicht Stellung bezogen. Haselsteiner ist überzeugt davon, dass die Neos unter Matthias Strolz nicht den Mehrheitsbeschaffer für derartige blaue Pläne, die eine Zweidrittelmehrheit erfordern, geben werden: "Ich bin sicher, dass Strolz dafür sorgt, dass die rechtsstaatlichen Grundsätze beim Ausbau der direkten Demokratie gewahrt bleiben." Sicherzustellen sei etwa sehr wohl, dass erfolgreiche Volksbegehren von der Politik nicht mehr "schubladisiert" werden können. "Aber sicher nicht so", wie das die FPÖ vorsehe.

Spiel mit dem Feuer

Die ÖVP besteht auf eine Zustimmung von zumindest zehn Prozent, bevor Volksabstimmungen eingeleitet werden sollen. Alt-Vizekanzler Erhard Busek, mittlerweile auch Sympathisant der Neos und einst ÖVP-Obmann, als Österreich 1994 mit 66 Prozent für den EU-Beitritt votierte, qualifiziert die jüngsten Aussagen in der FPÖ als "Spiel mit dem Feuer".

Grundsätzlich gehöre "nicht eine Diskussion über die Demokratie her, sondern darüber, wie sie derzeit dargestellt" werde – mitunter würden hier die partizipativen Elemente "diskreditiert". Und auch Busek erinnert daran, dass der britische Premier David Cameron ein Referendum über den EU-Austritt einleiten ließ, um "das Problem" EU-Skepsis, angeheizt von Brexit-Befürworter Nigel Farage, endlich wegzukriegen – daher meint der Ex-ÖVP-Chef: "Wehret den Anfängen!"

Deswegen sollten sich auch die ÖVP und die Neos fragen, welche Absicht hinter den aktuellen blauen Forderungen stecke, denn: "Nichts passiert ohne Grund." Bei ÖVP-Chef Sebastian Kurz hat Busek übrigens unlängst schon seine Sorgen wegen der FPÖ deponiert. (Nina Weißensteiner, 4.12.2017)