Graz/Wien – In wenigen Tagen, am 12. Dezember, muss die Staatsanwaltschaft Graz eine mit Spannung erwartete Entscheidung treffen: nämlich, ob sie die Berufung gegen den Freispruch des wegen Quälens seiner vier Kinder angeklagten Arztes Eduard L. ausführt. Bisher hat die Staatsanwaltschaft die Berufung nur angemeldet.

Empörende Details

Seit Details aus der 36-seitigen Urteilsbegründung des Richters Andreas Rom an die Öffentlichkeit gelangten, herrschte vielerorts Verwunderung über diese. Vor allem Formulierungen, die sich Aussehen und Kleidung der Kinder und der Exfrau des Angeklagten widmen und diese in Zusammenhang mit deren Unglaubwürdigkeit bringen, sorgten vor allem in Juristenkreisen für Aufsehen. Öffentliches Interesse zieht der Fall auch auf sich, weil der Bruder des Beschuldigten ein prominenter Politiker ist.

Dem Angeklagten, der sich unbestritten mehrmals selbst verletzte und unter anderem damit seine Kinder in Angst versetzt haben soll, attestierte Rom Glaubwürdigkeit: etwa, weil er "äußerst sakral im Sinne der katholischen Kirche eingestellt, mit diesen christlichen Werten vertraut" sei.

Schwerer als die seltsamen Formulierungen wiegen aber die Vorwürfe, wonach der Richter wichtige Beweise und Zeugen, die den Landarzt belastet hätten, nicht zugelassen habe. Die Kinder, drei Frauen im Alter zwischen 23 und 28 und ein 19-jährige Sohn, haben – wie berichtet – Anzeige gegen Richter und Staatsanwalt wegen Amtsmissbrauchs bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft erstattet.

Anstiftung zu Falschaussage

Am Montag brachte nun die Mutter, Christa C., eine Sachverhaltsdarstellung gegen Rom ein. In dieser verlangt C., man solle den Sachverhalt des Amtsmissbrauchs und der Verleumdung prüfen. Dass Christa C. vom Richter in der Urteilsbegründung wörtlich als "überladene Person", die mit Geld verschwenderisch umgegangen sei, bezeichnet wurde, ist nur ein Aspekt. Die Frau bezieht sich auf Passagen, in denen ihr der Richter vorwirft, eine Zeugin "in ihren Bann" gezogen und "manipuliert" zu haben. Dies untermauerte Rom noch damit, dass C. von Beruf Psychotherapeutin ist. Laut C. unterstellte der Richter ihr damit, die besagte Zeugin, "zur Falschaussage angestiftet zu haben", wie sie in der Sachverhaltsdarstellung, die dem Standard vorliegt, schreibt: "Ich sehe das als Verleumdung."

Ebenso habe Rom, der, so findet C., "ohne Grundlagen" im Urteil "Tatsachenfeststellungen" betrieb, ihr vorgeworfen, die Kinder auf ihre Einvernahmen "instruiert und vorbereitet", also auch zu Falschaussagen angestiftet zu haben. Zudem betont die Mutter in dem Schreiben: "Es gibt Beweismittel, in denen der Angeklagte viele Vergehen gegen seine Kinder spontan zugibt." (Colette M. Schmidt, 5.12.2017)