Pro: Einstinken ist kein Kulturgut

von Gerald John

Leere Wirtshäuser, vernichtete Arbeitsplätze, das Ende der Kaffeehauskultur: Die Gegner des Rauchverbots in Lokalen, das im kommenden Mai in Kraft treten soll, sparen nicht mit düsteren Szenarien. Dabei reicht ein Blick in andere Länder, um die Schwarzmalerei als Panikmache zu entlarven. Oder gehen Franzosen oder Iren vielleicht nicht mehr in Bistros und Pubs, seitdem die Glimmstängel von dort verbannt wurden?

Handfester als die Horrorprognosen sind jene Zahlen, die Gesundheitsexperten liefern. In Österreich rauchen überdurchschnittlich viele Menschen, im Gegensatz zum Gros der westlichen Welt ist der Trend hierzulande auch nicht rückläufig. Kein Wunder, wenn Jugendliche in den Beisln und Bars allabendlich in Versuchung geführt werden. Und dass Nikotinsucht jährlich zu vielen Tausend Krebserkrankungen führt, wird abseits von Communitys, die auch Mondlandung und Erderwärmung für eine Propagandalüge halten, ja hoffentlich niemand bestreiten.

Stimmt, auch Alkohol ist ungesund. Doch wer sich ein Bier bestellt, lässt seinen Nachbarn erst einmal unbehelligt – ganz im Gegensatz zum Raucher. Die für größere Gaststätten bereits vorgeschriebene Trennung funktioniert oft nicht richtig, etwa weil Türen offen stehen; in kleinen Lokalen gibt es sie gar nicht. Andere Menschen einzustinken und zum Passivrauchen zu zwingen ist kein schützenswertes Kulturgut – sondern schlicht eine Zumutung. (Gerald John, 4.12.2017)

Kontra: Front gegen "die da oben"

von Conrad Seidl

Man muss kein Raucher sein, um das totale Rauchverbot in der Gastronomie abzulehnen. Man muss nur die Erfahrung gemacht haben, dass sich in den meisten Lokalen die kommunikativeren Menschen eben in den Raucherbereichen aufhalten. Und man kann die Gastronomen verstehen, die die Erfahrung gemacht haben, dass ebenjene kommunikativeren Menschen auch mehr konsumieren als Nichtraucher, die still ein Bier trinken und dann den Heimweg antreten.

Man weiß: Wo die totalen Rauchverbote gelten, sind die Gastroumsätze zurückgegangen. Global gesehen eh nicht viel – aber oft eben um jene paar Prozentpunkte, die darüber entscheiden, ob ein Lokal noch einen bescheidenen Gewinn abwirft oder eben zusperren muss. Klar: Es gibt Betriebe, die längst allen Rauch verbannt haben und damit gut leben. Und es gibt andere, in denen die – zum Teil dorthin abgewanderten – Raucher das Überleben sichern.

Das sind jene Wirte, die sich von ausufernder Bürokratie, von immer strenger werdenden Auflagen und schrumpfenden Erträgen bedroht fühlen. Verständnis finden sie bei ihren Gästen eher als bei den Politikern, die sich der Verbotskultur verschrieben haben. So entsteht eine politisch nicht ungefährliche Front gegen "die da oben". Es darf keinen wundern, wenn sich die FPÖ dieser Front anschließt. Sie kann sich nicht nur als deren Verteidigerin inszenieren, sondern vor allem als Kämpferin gegen das Wirtesterben. (Conrad Seidl, 4.12.2017)