Wer heute nach Peking reist, kann sich nicht mehr vorstellen, dass auf der Hauptavenue, die an der Verbotenen Stadt und am Tiananmen vorbeiführt, noch vor dreißig Jahren Radfahrer in Massen unterwegs waren. Um sechs Uhr früh wurde man im Hotel vom unablässigen Klingeln der Zehntausenden geweckt, die in disziplinierten Kolonnen dahinstrampelten.

Heute sind sie durch Autokolonnen ersetzt; und China exportiert seine Fahrräder massenweise in europäische Großstädte, um dort eine Fahrradkultur und in der Folge einen elektronischen Radverleih aufzubauen. Das heißt, die Dinger werden von den Firmen auf die Straßen, Plätze und Gehsteige gestellt (in Wien rund 1500), jeder kann sie per Handy ausleihen und kann sie wieder dort hinstellen, wo es ihm passt.

Inzwischen wurden z. B. mehrere Dutzend aus dem Donaukanal gefischt, Radabstellplätze wurden von den chinesischen Markteroberern zugestellt, und gelegentlich muss man ein mitten auf dem Gehsteig abgestelltes China-Billigrad umkurven. Der Radaufbeauftragte der Stadt Wien (ja, den gibt es noch) kündigt nun an, man werde "im Frühjahr" mit den Verleihfirmen eine Lösung aushandeln. Vielleicht kann man dabei auch über die chinesische Methode sprechen, ausländische Märkte zu erobern, indem man sie zunächst ohne Rücksicht auf Verluste mit Billigangeboten flutet.

Aber das geht über das Thema Leihfahrräder eigentlich hinaus. (Hans Rauscher, 4.12.2017)