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Dunkle Wolken über Jerusalem.

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Trump hatte sich schon im Wahlkampf als Unterstützer Israels in Szene gesetzt.

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Die Botschaft der USA befindet sich derzeit noch in der Küstenmetropole Tel Aviv.

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Washington/Jerusalem – Angesichts der umstrittenen Pläne der US-Regierung, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen, droht die Lage im Nahen Osten zu eskalieren. Die Entscheidung von US-Präsident Donald Trump stelle eine "Kriegserklärung" dar und sei ein "Todeskuss" für die Zweistaatenlösung, sagte Manuel Hassassian, der palästinensische Gesandte in Großbritannien. Deutschland und Österreich warnen Reisende indes vor möglichen Unruhen in den Palästinensergebieten, sollten die USA ihre Pläne wahrmachen.

Zuvor hatten schon die Türkei und Saudi-Arabien scharf gegen die Ankündigung der USA protestiert, die auch die Verlegung der Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem umfasst.

Am Dienstagabend hatte das Weiße Haus angekündigt, dass Trump die umstrittene Entscheidung am Mittwoch bekanntgeben und das Außenministerium mit den Vorbereitungen zum Verlegen der US-Botschaft nach Jerusalem beauftragen wird. Die Verlegung der Botschaft werde aber Jahre in Anspruch nehmen. Trump werde somit die Aussetzung eines US-Gesetzes aus dem Jahr 1995, das Jerusalem als Sitz der US-Botschaft vorschreibt, ein weiteres Mal unterzeichnen. Die Aussetzung verlängert sich damit zunächst um weitere sechs Monate.

Jerusalem international nicht anerkannt

Israel hatte 1967 während des Sechstagekriegs den arabisch geprägten Ostteil der Stadt erobert und später annektiert. Es beansprucht ganz Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt, was international nicht anerkannt wird. Unter anderem erkennen die Vereinten Nationen nicht ganz Jerusalem als Israels Hauptstadt an. Die EU will eine faire Lösung für Israel und die Palästinenser, der künftige Status der Stadt soll in Friedensgesprächen ausgehandelt werden.

Schon im Wahlkampf hatte Trump angekündigt, Jerusalem als "unteilbare Hauptstadt" Israels anerkennen zu wollen. Auch die Entsendung von David Friedman als neuem Israel-Botschafter war ein wichtiges Signal in diese Richtung.

Erdoğan droht mit Konsequenzen

Die Weltgemeinschaft warnt Trump in überwältigender Einhelligkeit seit Tagen vor der Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan drohte die Aufkündigung der diplomatischen Beziehungen mit Israel an.

Trump hatte bereits am Dienstag Palästinenserpräsident Mahmud Abbas über seine Absicht informiert. Der Palästinenserpräsident habe Trump dabei "vor den schwerwiegenden Auswirkungen dieser Entscheidung auf den Friedensprozess sowie Sicherheit und Stabilität in der Region und der Welt gewarnt", sagte Abbas' Sprecher. Abbas habe bekräftigt, dass es keinen Palästinenserstaat ohne Ostjerusalem als Hauptstadt geben werde. Er werde mit Staatschefs in aller Welt in Kontakt bleiben, um diesen "inakzeptablen Schritt" zu verhindern. Auch Jordaniens König Abdullah II. und Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu soll Trump bereits über seine Absichten informiert haben.

Auch Deutschland und Frankreich warnen

Neben der Türkei haben mit Deutschland und Frankreich weitere Nato-Verbündete Trump eindringlich davor gewarnt, Jerusalem als Hauptstadt anzuerkennen. Erdoğan hatte erklärt: "Herr Trump, Jerusalem ist die rote Linie der Muslime."

Auch Saudi-Arabien, das sich weltweit als Schutzmacht aller Muslime sieht, äußerte sich "ernsthaft und tief besorgt". König Salman warnte Trump in einem Telefongespräch vor einem solchen Schritt, den Muslime in aller Welt als Provokation empfinden würden.

Die staatliche saudische Nachrichtenagentur Spa berichtete unter Berufung auf eine Quelle im Außenministerium, eine Anerkennung würde "historischen Rechten" des palästinensischen Volkes auf Jerusalem widersprechen und Muslime auf der ganzen Welt provozieren. Eine Abkehr der USA von einer unparteiischen Position in dem Konflikt würde schwerwiegende negative Folgen haben.

Israel weist Drohungen zurück

Israel wies die Drohungen Erdoğans zurück. "Jerusalem ist die Hauptstadt des jüdischen Volkes seit mehr als 3.000 Jahren und Israels Hauptstadt seit 70 Jahren – ungeachtet dessen, ob sie von Erdoğan als solche anerkannt ist oder nicht", teilten Regierungsvertreter mit.

Der deutsche Außenminister Sigmar Gabriel befürchtet eine "sehr gefährliche Entwicklung". "Eine ganze Reihe von Mitgliedsstaaten hat ihrer Sorge Ausdruck verliehen, und das gilt auch für uns, dass die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels nicht einen Konflikt beruhigt, sondern eher ihn noch einmal anheizt", sagte Gabriel nach einem EU-Treffen mit US-Außenminister Rex Tillerson in Brüssel. In der EU bleiben viele überzeugt, dass eine Zweistaatenlösung das Ziel bleiben muss. Ähnlich äußerte sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron.

Der Erlass für den Sitz der Botschaft bezieht sich auf ein Gesetz aus dem Jahr 1995, in dem der US-Kongress ihre Verlegung beschlossen hatte. Bisher verschoben aber alle US-Präsidenten die Umsetzung mit der Begründung, das schade der nationalen Sicherheit. Die Frist wurde immer wieder um sechs Monate verlängert.

Deutschland und Österreich warnen Reisende

Deutschland warnt angesichts der Pläne Trumps vor Ausschreitungen in Jerusalem, dem Westjordanland und dem Gazastreifen. Von diesem Mittwoch an könne es in diesen Gebieten zu Demonstrationen kommen, heißt es in den am Dienstag aktualisierten Reisehinweisen des Auswärtigen Amtes. "Gewalttätige Auseinandersetzungen können nicht ausgeschlossen werden." Die Regierung rief dazu auf, sich über die lokalen Medien zu informieren und die betroffenen Gebiete zu meiden.

Auch das österreichische Außenministerium verweist allgemein auf die angespannte Sicherheitslage. "Größere Menschenansammlungen sowie öffentliche Verkehrsmittel, Stationsbereiche eingeschlossen, stellen nicht nur in Jerusalem, sondern in ganz Israel bevorzugte Attentatsziele und generell Bereiche mit erhöhter Gefährdung dar. Derartige Bereiche sollten daher möglichst gemieden werden", hieß es. Das gelte auch für Gebiete ohne eigene gute Ortskenntnis. Generell wird zu erhöhter Vorsicht und Aufmerksamkeit geraten. (red, APA, 6.12.2017)