Wien – Das Auto ist hinten nur patschert zu besteigen. In der zweiten Reihe eng, vorn extrem passgenau. Der Kofferraum ist mit 390 Litern nichts für den Familien- oder den großen Freizeiteinsatz. Wenn Sie ein Mountainbike reinkriegen, applaudieren wir gerne und auch anhaltend. Und bei artgerechter Haltung wird man zehn Liter Sprit auf 100 km brauchen oder mehr. Warum also sollte man sich so ein Auto kaufen? Weil es eine Verkörperung des schieren Fahrvergnügens ist. Ein BMW ganz, ganz nah am alten Markenkern, bevor er von den Marketingheinis zur verkaufsfördernden Floskel zerlutscht wurde.

Das 2er Coupé ist ein ganz einfach gestricktes Automobil. Es soll einem Ansatz dienen, der immer mehr ins Hintertreffen gerät: dem schlichten Fahrvergnügen. In dem Fall gibt's 340 PS, Reichensechser und Allrad.
Foto: Andreas Stockinger

So oder ähnlich würde wohl ein BMW-Fan der fahrdynamischen Fraktion argumentieren, wenn es um das 2er Coupé geht. Das betrifft nicht einmal ausschließlich die topmotorisierten Versionen, nein, schon das Basisgerät ist ein waschechter Freudenspender. der Standard hatte allerdings das Vergnügen, die vorletzte Eskalationsstufe ausfassen zu dürfen, den M240i mit 340 PS, sogar mit Allrad; darüber rangiert nur noch der M2, da stäche dann 370 Pferde der Hafer.

Blicktechnik

Einziges Handicap im Testwagen: Es gab kein Head-up-Display, und so ein HUD ist ja besonders sinnvoll, wenn man Blick und Aufmerksamkeit stramm auf die Fahrbahn gerichtet hat. Ansonsten lässt sich in diesem knackigen Coupé die gesamte Desiderata-Liste abhaken, die man im Geist mitgebracht hat. Direkte, präzise Lenkung: vorhanden. Zur Leistungsentfaltung des Twin-Scroll-Turbo-Reihen-6ers passender Sound: eh klar. Souveränes, aber keineswegs plombenlockernd brettlhartes Fahrwerk: Ehrensache. Verzögerungspotenzial: super Bremsen. Seitenführung der Sitze: tadellos.

Alles da, nur kein Head-up-Display.
Foto: Andreas Stockinger

Betrachtet man Marken wie Mercedes oder BMW, so lässt sich festhalten, dass jede so etwas wie eine Kernbaureihe hat. Bei Mercedes ist das zweifelsfrei die E-Klasse, bei BMW wäre die 3er- und 4er-Reihe zu nennen, mit jener enormen Auffächerung des Portfolios, die schon die Gefahr der Verwässerung latent in sich trägt: Limousine, Kombi, Gran Turismo, Coupé, Cabriolet, Gran Coupé; ein kunterbunter, wenn auch in sich gerade noch schlüssiger Sixpack.

Fronttriebler-Vans

Beim 2er sieht's anders aus. Unter dieser Kennung laufen Coupé und Cabrio, beide mit Hinterradantrieb. Allerdings treffen wir da auch auf 2er Active und Gran Tourer. Enorm praktische, flexible Vans auf derselben Frontantriebsarchitektur wie der X1 und sämtliche aktuellen Minis, mit Motoren runter bis zum 3-Zylinder.

Die Heckansicht des M240i.
Foto: Andreas Stockinger

Dahinter fühlt man die Hand der Marktlückensucher und Gewinnmaximierer. Nicht, dass das jetzt unanständig wäre, im Gegenteil, eine zwingende Notwendigkeit, will ein Autobauer heute abseits vom Absatztreibmittel China noch wachsen sowie margenmäßig blühen und gedeihen. Mit den Kernwerten aber, dem schönen alten Slogan "Freude am Fahren", hat das nur noch bedingt zu tun.

Fokusgruppe

Gern erzählen BMW-Menschen beim Plausch die Anekdote, dass der Großteil der Kundschaft ohnehin nicht wüsste, ob ihr Auto vorn oder hinten angetrieben werde. Die Strahlkraft der Marke hat den Weiß-Blauen so viel zusätzliche Klientel gebracht, dass man die eingeschworenen Puristen längst nicht mehr im Hauptfokus hat.

Immerhin, man bedient sie noch. Und deshalb darf man sich über einen M240i xDrive freuen, solange es noch geht. Ein klassischer BMW, wie er im Buch steht. In dem muss man, wie die Gallier, nur Angst haben, dass einem der Himmel auf den Kopf fällt. (Andreas Stockinger, 7.12.2017)

Foto: Andreas Stockinger