Kiew – Interventionen von IMF, EU, USA und der ukrainischen Zivilgesellschaft in der Nacht auf Donnerstag haben laut dem oppositionellen Abgeordneten Sergej Leschtschenko verhindert, dass ein umstrittener Gesetzesentwurf zu Antikorruptionsbehörden am Donnerstag im ukrainischen Parlament verhandelt wird. Laut offiziellen Informationen findet sich der Entwurf derzeit nicht auf der Tagesordnung.

Die einflussreichen Fraktionsvorsitzenden der Regierungsparteien im ukrainischen Parlament, Artur Gerassimow und Maksim Burbak, hatten am Mittwochnachmittag einen Gesetzesentwurf eingebracht, der die Entlassung der Leiter aller seit 2014 gegründeten Antikorruptionsbehörden per parlamentarischem Mehrheitsbeschluss möglich gemacht hätte. Insbesondere hätte dies das unabhängig agierende Nationale Antikorruptionsbüro NABU betroffen, dessen Direktor bisher praktisch nur auf Grundlage einer Negativbeurteilung seiner Institution durch unabhängige Auditoren abgesetzt werden kann.

Strafverfahren

NABU-Direktor Artjom Sytnik hatte Strafverfahren gegen hochrangige Regierungsvertreter, Parlamentarier und selbst den Sohn von Innenminister Arsen Awakow initiiert und war zuletzt auf heftigen Gegenwind des Geheimdiensts SBU und von Generalstaatsanwalt Juri Luzenko gestoßen.

Ukrainische Oppositionelle und NGO-Vertreter sprachen am Mittwochabend von einem "Gesetz zur Ermordung von NABU", Kritik kam auch aus dem "Block Petro Poroschenko" selbst, wo der prominente Abgeordnete Wladimir Arjew seine Ablehnung des Entwurfs betonte und von "roten Linie" schrieb.

In der Nacht auf Donnerstag kam es jedoch zu einem Umdenken bei den Verantwortlichen der Regierungsfraktionen "Block Petro Poroschenko" und "Volksfront" ("Narodnyj Front"), die in den Morgenstunden darauf verzichteten, den Gesetzesentwurf am Donnerstag auf die Tagesordnung des ukrainischen Parlaments zu setzten.

Leschtschenkos Angaben zu internationalen Interventionen, die zumindest auf Regierungsniveau stattfinden, wurden am Donnerstagvormittag auch in nicht-öffentlichen Kommentaren hochrangiger Vertreter der Ukraine und EU bestätigt. Westliche Staaten und Institutionen, die ihre Unterstützung für die Ukraine seit 2014 von einem engagiertem Kampf gegen die Korruption abhängig machten, hatten bereits Anfang der Woche öffentlich ihre Unterstützung für NABU-Direktor Sytnik erklärt. (APA, 7.12.2017)