Wenn eine Saison des Jahres das Beiwort "paradox" verdient hat, dann ist es die Vorweihnachtssaison. Niemals sonst sind die Menschen entschlossener, an das Gute im Menschen zu glauben und das Gute zu tun, als in diesen Tagen. Zugleich aber gilt: Niemals sonst feiert das Böse fröhlichere Urständ.

Denn: Die Vorweihnachtszeit ist auch Hochsaison für jedes lichtscheue Gesindel, das von der Dezemberfinsternis profitieren möchte. Es freuen sich die Ladendiebe, die Dämmerungseinbrecher, die Erbschleicher und die Hochzeitsschwindler, die darauf vertrauen, dass man ihr hässliches Äußeres im Winterdunkel nicht durchschaut.

Es freuen sich aber auch Nahrungsmittelfälscher (Fake-Vanillekipferl!) sowie außer Rand und Band geratene nigerianische Pseudoprinzen, welche mit ihren Massen-Schnorr-Mails auf eine Kundschaft aus sind, die sich durch ihre Charaktermischung aus Naivität und Sentimentalität als Spitzenopfer empfiehlt. Offenbar war aber auch der deutsche Computertechniker Armin Meiwes, der 2001 einen Diplomingenieur ermordet und in Teilen verzehrt hat, von frühwinterlicher Dunkelheit umnachtet, als er vor kurzem den Antrag auf Haftentlassung einbrachte. Was stellt sich der Mann vor? Dass man ihn rauslässt, um ein paar zufällig daherkommende Passanten anzubraten?

Norbert Hofers Gesichtsmatratze

Ebenfalls vorweihnachtlich böse: Norbert Hofer. Der stets Zwangsharmlosigkeit simulierende Bundespräsidentschaftskandidat des Jahres 2016 hat sich dazu entschlossen, die österreichische Öffentlichkeit zu foppen, indem er sich bis zum Abschluss der türkis-blauen Koalitionsverhandlungen einen Bart wachsen lässt. Will er für den Job des Infrastrukturministers üben, indem er schon einmal seine Gesichtsinfrastruktur modifiziert? Was diese heranwachsende Gesichtsmatratze bezweckt, ist ebenso unklar wie der Name, mit dem man sie bezeichnen sollte: Handelt es sich um einen Blaubart? Oder doch eher um einen Breitbart?

Wie auch immer: Hauptsache ist, dass die Koalitionsgespräche zügig vorangehen und schnell die gesetzlichen Bedingungen für einen gepflegten Öxit geschaffen werden. Im Post-Brexit-Großbritannien fliehen gerade scharenweise ausländische Ärzte und Krankenschwestern die Insel. Das sind Zeiten, in denen auch wir nichts dringlicher brauchen als jeden dritten Monat eine Volksabstimmung. (Christoph Winder, Album, 8.12.2017)