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Seit der umstrittenen Privatisierung im Jahr 2004 ist die Buwog als gewerblicher Entwickler und Bestandsoptimierer tätig.

Foto: Reuters / Leonhard Foeger
Zeichnung: Oliver Schopf

Rund 32.000 Wohneinheiten befanden sich im Jahr 2004 in den Beständen der beiden gemeinnützigen Wohnbauträger Buwog und ESG Villach, als sie im Zuge der Privatisierung der Bundeswohnungsgesellschaften an die Immofinanz verkauft wurden. 2006 wurde daraus die Buwog Group.

Diese ist heute mit fast 50.000 Wohneinheiten im Bestand, davon 22.446 in Österreich, und mehr als 10.000 Neubauwohnungen in der Projektpipeline ein Big Player auf den Wohnungsmärkten Österreichs und Deutschlands. Die Strategie des Unternehmens ist so simpel wie effektiv: Einerseits wird ein knappes Drittel des Neubauvolumens "für den Bestand" gebaut, also behalten und vermietet.

Wohnungen werden versilbert

Die restlichen Neubauwohnungen werden an Private oder institutionelle Investoren verkauft. Finanziert wird das sogenannte Development – und das ist der zweite Teil der Strategie – durch sukzessiven Abverkauf des Altbestands. In den vergangenen Jahren wurden jeweils mehr als 600 Wohnungen versilbert, meist im Zuge von Einzelverkäufen, die mit Margen auf den Buchwert ("Fair Value") von jenseits der 50 Prozent besonders lukrativ sind.

Immer wieder finden aber auch "Blockverkäufe" ganzer Wohnanlagen an Investoren statt, etwa Ende 2016, als ein Tiroler Portfolio mit 1116 Wohnungen an eine Investmentfirma aus Luxemburg ging. Die Erlöse fließen in Neubauten in Wien, Berlin und Hamburg, wo die Wohnungen zu Preisen ab 4000 Euro pro Quadratmeter an Selbstnutzer oder Anleger verkauft werden. In Wien entsteht derzeit der "See See Tower" in der Seestadt Aspern, ein Prestigeprojekt.

Der Deal mit der Tiefgarage

Dort darf die Buwog übrigens als einziger Bauträger eine eigene Tiefgarage errichten. Ansonsten setzt man in der Seestadt nämlich auf Hoch- bzw. Sammelgaragen. Den Deal verhandelte Gerhard Schuster, damals noch Buwog-Vorstandschef, mit der Aspern-Entwicklungsgesellschaft Wien 3420 AG. Wenige Wochen später wechselte er die Seiten und wurde deren Chef.

Nach Deutschland drängte die Buwog schon ab 2010, noch unter Schuster und noch als Immofinanz-Tochter. Einem ersten Ankauf von 2300 Wohneinheiten in Berlin folgte dann im Mai 2012 ein großer Schritt mit der Übernahme des insolventen Berliner Entwicklers CMI AG samt 60 Millionen Euro schwerer Projektpipeline.

So mancher Kenner der heimischen Wohnbauszene zeigt sich im Gespräch mit dem STANDARD erstaunt darüber, wie lange die Buwog letztlich brauchte, um als gewerblicher Bauträger "in die Gänge zu kommen".

Gemeinnützigkeit aberkannt

Die schwarz-blaue Bundesregierung tat jedenfalls vieles, um ihr den Start zu erleichtern: Am 1. April 2001 wurde der Buwog die Gemeinnützigkeit aberkannt. Danach kam es zu Rechtsstreitigkeiten, ob und zu welchen Konditionen die Buwog die Wohnungen, die sie verkaufen wollte, zuerst den Mietern anbieten musste. Die Arbeiterkammer drängte darauf, dass die Wohnungen "günstig und ohne erschwerende Bedingungen" zum Kauf anzubieten seien, und setzte sich vor dem OGH damit durch.

"Doch dann wurde einfach das Gesetz geändert", ärgert sich AK-Wohnrechtsexperte Walter Rosifka noch heute, auch über widersprüchliche Gerichtsentscheide in dieser Causa. Letztlich konnte die Buwog den Mietern die Wohnungen "zu Bedingungen anbieten, die den Kauf praktisch fast unmöglich machten. Noch dazu zu Preisen, die vorher meist klar rechtswidrig waren", sagt Rosifka.

Von Kiel bis Kassel

Sich in Deutschland breitzumachen, mit Neubau in Berlin sowie Zukäufen in den Landstrichen "von Kiel bis Kassel": Diese Devise gab Schusters Nachfolger als Buwog-CEO, Daniel Riedl, nach dem Börsegang 2014 aus. Heute besitzt die Buwog in Deutschland 27.151 Wohneinheiten.

Die Buwog-Bestandswohnungen in Deutschland sind größtenteils frei vermietbar. Anders in Österreich, wo immer noch mehr als 20.000 Buwog-Wohneinheiten, die noch vor der Aberkennung der Gemeinnützigkeit errichtet wurden, bei Vermietung und Verkauf den zivilrechtlichen Bestimmungen des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes (WGG) unterliegen.

"Maximierung" als Maxime

Auch bei diesen Wohnungen betreibe die Buwog heute aber "Maximierung im Rahmen des Möglichen", sagen Beobachter. AK-Experte Rosifka erwähnt im Gespräch mit dem STANDARD diverse Gerichtsverfahren, die mit dem Gebaren der Buwog als Miteigentümer in Wohnungseigentumsgemeinschaften zu tun hatten.

Wenn die Buwog bei einer ihrer Anlagen Wohnungseigentum begründet und dann sukzessive Wohnungen verkauft, behält sie lange eine kommode Mehrheit der Stimmrechte. Das nutze sie weidlich aus, meint Rosifka. "Da kommt es vor, dass die Buwog als Miteigentümer selbst nur 70 Cent pro Quadratmeter in den Topf der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge (EVB) einzahlt, von ihren Mietern aber die maximal erlaubten zwei Euro verlangt."

Dass bei ausfinanzierten Wohneinheiten von den Mietern der maximale EVB verlangt wird, verschweigt die Buwog gar nicht: "Im Geschäftsjahr 2016/17 beeinflusste die EVB-Erhöhung aus der WGG-Novelle im österreichischen Bestand maßgeblich das Mietwachstum", heißt es im jüngsten Geschäftsbericht. Dort ist auch zu lesen, dass die Mieten für die österreichischen Buwog-Mieter zuletzt deshalb um 6,3 Prozent zulegten. In Deutschland waren es "nur" 3,2 Prozent.

Dass die Buwog ihre Altbestände auch schon einmal "offensiv" ertragsoptimiert, das deutet Rosifka an und lässt auch so mancher Bewohner einer Buwog-Anlage in Wien-Floridsdorf durchblicken. Ja, es habe in den Jahren seit der Privatisierung durchaus manch fragwürdige Vorgehensweise vonseiten des Vermieters gegeben.

Mieter wurden hinausgedrängt

Mehrere Mieter seien regelrecht hinausgedrängt worden, erzählt ein ehemaliger Beamter dem STANDARD. Die Mieten dieser Wohnungen stiegen dann beträchtlich, so manche stehe nun schon länger leer. Er selbst habe seinen Mietvertrag nur durch anwaltlichen Beistand behalten können.

Immerhin: Mit der Buwog als Hausverwalter könne man großteils zufrieden sein, heißt es hier von Bewohnern, auch wenn die eine oder andere dringende Reparatur schon einmal recht lange dauern könne. Und der bevorstehende Buwog-Prozess? Der interessiert hier herzlich Wenige. (Martin Putschögl, Bernadette Redl, 9.12.2017)