In Wien erinnert nur eine Gravur am Judenplatzdenkmal an Maly Trostinec. 2016 und 2017 marschierten Unterstützer der Initiative Malwine – in der Mitte: Gründerin Waltraud Barton – zehnmal zu den Daten der Deportationen vor 75 Jahren dorthin.

foto: robert newald

Wien – Das Ringen zwischen SPÖ und ÖVP um ein Mahnmal für die im heute weißrussischen Maly Trostinec 1941 und 1942 ermordeten österreichischen Juden und Jüdinnen währte bis zuletzt. Einigung auf ein konkretes Konzept und Geld für dieses wichtige Projekt der österreichischen Erinnerungskultur gab es trotzdem nicht. Stattdessen steht das Mahnmal nun auf der Agenda der – höchstwahrscheinlich – nächsten ÖVP-FPÖ-Bundesregierung.

Vergangene Woche hatte das – noch – SPÖ-geführte Bundeskanzleramt die Initiative ergriffen, um den vor einem Jahr vom Nationalrat einstimmig gefassten Mahnmal-Plan umzusetzen. Es brachte, wie Profil und Ö1 berichteten, einen sogenannten Rundumlaufbeschluss auf den Weg, der unter anderem einen präzisen Zeitplan für die Mahnmalerrichtung bis 2019 enthielt.

Rundumlaufbeschluss scheiterte

Die Ministerien der bisherigen SPÖ-ÖVP-Regierung sollten zustimmen, sozusagen in letzter Minute. Doch das gelang auch diesmal nicht. "Am Mittwoch oder Donnerstag dieser Woche hat die ÖVP-Seite den Rundumlaufbeschluss per Mail abgelehnt", sagte Jürgen Schwarz, Sprecher Kanzler Christian Kerns (SPÖ), dem STANDARD.

Das stimme, man habe abgelehnt, hieß es am Freitag aus dem Außenministerium, dem der höchstwahrscheinlich künftige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) vorsteht.

"Es wird ein Denkmal geben"

Denn, so ein Kurz-Sprecher zum STANDARD: "In Maly Trostinec wird es ein Denkmal geben. Das wird ein Projekt der neuen Bundesregierung. Die Finanzierung und die genaue Umsetzung werden von der künftigen Regierung mit den betroffenen Ressorts, den Institutionen und den Vereinen vereinbart."

Auch mit der weißrussischen Regierung werde man in Kontakt treten. Diese hat in Maly Trostinec eine ausgedehnte Memorial-Anlage errichtet, wo an die hunderttausenden unter Hitler ermordeten Weißrussen und Weißrussinnen erinnert wird. Das Mahnmal oder Grabmal für die österreichischen Jüdinnen und Juden soll ebenfalls auf diesem Gelände stehen.

Gemeinsam mit der FPÖ

Das Mahnmal sei "ein gemeinsames Projekt mit der FPÖ", betonte der Kurz-Sprecher. Die FPÖ hatte sich im heurigen Frühjahr auf Wiener Ebene für das Maly-Trostinec-Mahnmal starkgemacht. Der nicht amtsführende Vizebürgermeister John Gudenus hatte einen Beschlussantrag vorbereitet. Am 27. Juni stimmten dann alle im Wiener Landtag sitzenden Parteien einem diesbezüglichen Schriftstück zu.

Es sei "gut, wenn eine neue Regierung das Projekt ernsthaft auf die Tagesordnung setzt", sagt dessen Initiatorin Waltraud Barton. Zwar wäre es "schön gewesen, das 2017 im Hauptgedenkjahr an die Deportationen vor 75 Jahren zu bewerkstelligen. Zentral sei jedoch, "dass die dort ermordeten Menschen wieder zu einem Teil der österreichischen Gesellschaft werden, indem man ihnen ein Grabmal mit Namen setzt".

In Maly Trostinec wurden rund 13.500 österreichische Juden und Jüdinnen ermordet wurden, mehr als damals sonst wo. Dennoch war der Ort bisher nicht Teil der kollektiven Erinnerung. (Irene Brickner, 8.12.2017)