Dornbirns Bürgermeisterin Andrea Kaufmann (VP) will kulturelle Zusammenarbeit der Region.

Foto: Stadt Dornbirn

Bregenz – Zuerst war er Feuer und Flamme für die Bewerbung um die Europäische Kulturhauptstadt 2024, der Bregenzer Bürgermeister. Nun ist die Glut erloschen. Markus Linhart sieht nach eineinhalb Jahren der Diskussion in den vier Rheintalstädten keine Notwendigkeit für eine Bewerbung der Landeshauptstadt. Zu wenig Begeisterung spürt der VP-Politiker in der Bevölkerung. "Projekte, die man nicht mehr verfolgen will, sollte man zeitgerecht stoppen", sagte er in der Bregenzer Stadtvertretung. Zu so einem Ausstieg brauche man Mut und diesen Mut zeige er nun.

Prozess für gemeinsame Bewerbung

Seit 2016 läuft in den Städten Dornbirn, Bregenz, Hohenems und Feldkirch und in der Region Bregenzerwald die Diskussion über eine gemeinsame Bewerbung zur Europäischen Kulturhauptstadt 2024. Diskutiert wird auf mehreren Ebenen – politisch Verantwortliche, Kulturbeamte, Kulturschaffende, Bürgerinnen und Bürger entwickeln in Gremien und Workshops Kulturperspektiven. Das Echo der Kulturschaffenden und das Engagement der Bevölkerung ist Linhart aber zu gering. "Da ist der Funke nicht übergesprungen", sagte er in der Stadtvertretung als Begründung für den Ausstieg aus dem Prozess.

Bis Frühjahr 2018 soll die Entscheidung über eine definitive Bewerbung fallen und auch über die Bannerstadt. Dieses Match hat sich hinter den Kulissen zwischen Dornbirn und Bregenz abgespielt. Für den Bregenzer Bürgermeister muss das wohl ein Affront gewesen sein. Schließlich sieht er seine Stadt als Kulturhauptstadt des Landes und damit als logische Namensgeberin: "Wir sind bereits Kulturhauptstadt."

Mit den Bregenzer Festspielen und dem Kunsthaus habe man die internationalen Player der Region in der Stadt, sagt Linhart. Die kulturelle Identität von Bregenz sei gegeben. Das Label Kulturhauptstadt sei aber für Städte und Regionen geschaffen worden, die sich neu erfinden müssen. Linz, Essen oder St. Pölten nannte Linhart als Beispiele. Bregenz brauche das Label nicht.

Selbstüberschätzung der Landeshauptstadt

Dass sich die kommunale Kulturpolitik nach einem Totalcrash in der Kulturabteilung noch im Stadium der Selbst(er)findung befindet, Bregenz lediglich Standort von Landeseinrichtungen wie dem Kunsthaus, dem Vorarlberg Museum, dem Landestheater, der Landesbibliothek oder des Landesarchivs ist, kann Linharts Einschätzung seiner Stadt als Kulturmetropole nicht mindern. "No need" sieht er in einer Bewerbung. Den anderen Städten wünsche er aber bei der Fortsetzung des Prozesses viel Glück, sagte der Bürgermeister bei der Stadtvertretungssitzung.

Die Stadtvertretung war, abgesehen von den Freiheitlichen, Linharts Meinung. Die Mehrheit stimmte für den Ausstieg. Abgesehen von einer Rednerin der FPÖ und je einem von Grünen, SPÖ und Neos war das Interesse an der Diskussion gering. Aus der Riege der Volkspartei bewegte sich kein einziger zum Rednerpult, nicht einmal der Kulturstadtrat. Einmal mehr die Mehrheitspartei ihre politische Kultur: Die Stadtvertreterinnen und Vertreter lassen ihren Parteichef reden und sitzen ihr Mandat schweigend ab. Debatte, Diskurs? Auch hier gilt des Bürgermeisters Devise: No need.

Dornbirn übernimmt die Führung

Der Ausstieg der Bregenzer bewegt die Dornbirner nicht wirklich. Sie reagierten mit einer Aussendung, mit der sie über den Umzug des Projektbüros "Kulturperspektiven 2024" von Bregenz ins Dornbirner Rathaus informierten. Für Bürgermeisterin Andrea Kaufmann (VP), früher Kulturlandesrätin, ist das Projekt Kulturhauptstadt "von großer Bedeutung für die Entwicklung der Region".

Kaufmann sieht die Chance, eine grenzüberschreitende Modellregion für Europa zu schaffen. Als Projektbegleiterin holte sich Dornbirn nun mit Bettina Steindl (Designforum Wien) eine Kulturmanagerin, die Kulturhauptstadt-Erfahrungen aus ihrer Arbeit für Ruhr 2010 und Linz 2009 mitbringt. Andrea Kaufmann will damit "ein klares Signal setzen, dass der gemeinsame Prozess gemeinsam mit Feldkirch, Hohenems und der Region Bregenzerwald weitergeführt wird". Und zwar "mit voller Kraft".

Ob sich die Rheintalstädte tatsächlich an eine Bewerbung wagen und sich mit den St. Pöltnern matchen wollen, die gleich mit einem riesigen Bewerbungsbudget von 2,4 Millionen Euro auffahren, wird auch vom Land Vorarlberg abhängen. Ohne Geld vom Land werden die Städte die Bewerbung kaum finanzieren können. Im Landhaus ist die Begeisterung für die Europäische Kulturhauptstadt 2024 gering. (Jutta Berger, 9.12.2017)