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Wien – NEOS-Chef Matthias Strolz sieht Sebastian Kurz auf den Spuren des umstrittenen ungarischen Premiers Viktor Orban wandern. Er warnt im APA-Interview vor der Gefahr, dass der ÖVP-Chef "Passagier seiner eigenen Dynamik wird und kraft seines fehlenden inneren Kompasses und kraft seiner fehlenden Lebenserfahrung in einem sehr autoritären Regierungsstil enden könnte".

Viktor Orban sei vor 20 Jahren wie Kurz ein "liberaler Posterboy" gewesen, "der in ganz Europa als Zukunftshoffnung durchgereicht wurde". Zwei Jahrzehnte später sei er Anführer einer illiberalen Demokratie geworden. "Ich glaube, das ist ihm ein Stück weit passiert, weil er keine wertemäßige und inhaltliche innere Landkarte gehabt hat.

Er ist machtbewusst, talentiert und kommunikativ, hat aber keine inneren Werte. Er wollte einfach an die Macht." Ein zentraler Zwischenschritt auf diesem Weg sei die Aushöhlung der parteiinternen Demokratie gewesen. Das alles erinnere ihn an die ÖVP und Kurz, so Strolz.

Druck von allen Seiten

"Eine 'Bewegung sein' heißt nicht Führerkult oder Alleinherrschaft von einer Person." Wenn Kurz der innere Wertekompass fehle, könne es passieren, dass er "Passagier seiner eigenen Dynamik wird in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten". Kurz werde in der Regierung von allen Seiten unter Druck kommen. "Aus heutiger Sicht wird er dann nicht versuchen, andere für seine Werte und Inhalte zu begeistern, weil es darüber kein Klarheit gibt, wie die aussehen, sondern er wird sicherstellen, dass seine Macht nicht angekratzt wird. Er wird möglicherweise in einem sehr autoritären Regierungsstil enden."

Dazu komme, dass Kurz' Regierungspartner FPÖ sehr wohl eine Vorstellung davon habe, wohin sie den Staat führen wolle und "das ist eine durch und durch autoritäre Republik mit einem reaktionären Gesellschaftsbild". Für die FPÖ werde es ein leichtes Speil sein: "Sie gesteht Kurz die Macht zu und bekommt dafür inhaltliche Zugeständnisse." "Ich will Kurz nicht ans Zeug flicken, aber ich warne vor der Gefahr einer solchen Entwicklung in Sorge um die Republik", sagte der NEOS-Chef.

NEOS als Hüterin der Verfassung

Strolz bekräftigte in diesem Zusammenhang einmal mehr, dass sich die NEOS als Hüterin der Verfassung gegenüber der Regierung aufstellen werden. So werden etwa die Vorstellungen der FPÖ zum Ausbau der direkten Demokratie "bei uns keinen Durchmarsch finden". "Hier werden wir klar die Stopptafel aufstellen. Wir sind Fans der direktdemokratischen Instrumente, aber wir brauchen klare Bedingungen, damit dieses Instrument nicht manipulativ eingesetzt werden kann."

Nach Ansicht der NEOS braucht es zunächst einen Stufenplan, wonach die stärkere Einbindung der Bevölkerung zunächst auf Gemeinde-, dann auf Landes- und am Ende auf Bundesebene etabliert werde.

Die von der FPÖ vorgeschlagene Vier-Prozent-Marke, ab der ein Volksbegehren verpflichtend in eine Volksabstimmung münden soll, ist für die Pinken zu niedrig. "Wir sollten mit zehn Prozent beginnen. Es kann später sinken." Außerdem müsse es die Möglichkeit geben, dass das Parlament einen Alternativvorschlag zu dem vom Volk abgestimmten Gesetzesvorschlag formuliert. Weiters soll es eine einjährige "Cooling-Off-Phase" geben und eine Entscheidung mittels Volksabstimmung dürfe nicht wie von der FPÖ geplant zu einem "Volksgesetz" werden, das unveränderlich ist und nur durch einen Volksentscheid aufgehoben werden darf. Solche Gesetze sollten ganz normal Eingang in den Rechtsbestand finden und weiter formbar bleiben. "Der Rechtsbestand muss formbar bleiben, alles andere ist gemeingefährlich", so Strolz. (APA, 10.12.2017)